Direkte orale Antikoagulation nach Schlaganfall: Tendenz zur früheren Gabe

Bern/Wien – Die Hinweise für den Nutzen einer frühen Gabe direkter oraler Antikoagulanzien (DOAK) nach einem ischämischen Schlaganfall verdichten sich. Die Studienlage ist aber noch nicht eindeutig – und es gibt auch Gegenargumente. Das zeigen 2 kürzlich erschienene Studien zum Thema.
Eine Arbeitsgruppe aus Bern hat dazu Daten der ELAN-Studie („Early Versus Late Initiation of Direct Oral Anticoagulants in Post-Ischaemic Stroke Patients With Atrial Fibrillation“) analysiert. Sie hat dabei die Ergebnisse eines frühen im Vergleich zu einem späten Beginn der Behandlung mit DOAKs bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall mit und ohne sogenannte hämorrhagische Transformation erfasst. Die hämorrhagische Transformation wurde unterteilt in „hämorrhagischer Infarkt“ sowie „Parenchymblutung“.
„Die frühzeitige Einleitung einer direkten oralen Antikoagulation früher als 48 Stunden nach dem ischämischen Schlaganfall bei leichten und mittelschweren Schlaganfällen und 6 bis 7 Tagen bei schweren Schlaganfällen erhöht bei Patienten mit hämorrhagischer Transformation nicht die Rate der symptomatischen intrakraniellen Blutungen und könnte bei Patienten mit hämorrhagischen Infarkten vom Typ 1 und 2 von Vorteil sein“, berichten die Forscher im Magazin Circulation (2024, DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.124.069324).
Bei Patienten mit Parenchymblutungen könne eine frühzeitige Antikoagulation die funktionellen Ergebnisse laut der Analyse aber verschlechtern, was jedoch durch Daten aus laufenden Studien bestätigt werden müsse, so die Schweizer Wissenschaftler.
„Eine 25-%-Verschlechterung des funktionellen Outcomes ist klinisch schon sehr relevant und gibt bei Patienten mit hämorrhagischer Transformation zu denken“, kommentierten Gerhard Hamann und Dirk Sander dies gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ). Hamann und Sander sind Koordinatoren der Leitlinie „Sekundärprophylaxe ischämischer Schlaganfall und transitorische ischämische Attacke“ der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).
Bei einer in der Fachzeitschrift JAMA Neurology (2024, DOI: 10.1001/jamaneurol.2024.1450) erschienenen Studie – ebenfalls von einer Schweizer Gruppe – war die Wahrscheinlichkeit des Studienendpunktes bei Teilnehmern mit leichtem, mittelschwerem und schwerem Schlaganfall bei frühem versus spätem DOAK-Einsatz ähnlich.
Als Endpunkte erfasst wurden ein wiederkehrender ischämischer Schlaganfall, eine symptomatische intrakranielle Blutung, eine extrakranielle Blutung, eine systemische Embolie oder ein vaskulärer Tod innerhalb von 30 Tagen.
„Das bedeutet, dass eine frühe DOAK-Behandlung nicht mit einer höheren Rate an Blutungskomplikationen, insbesondere symptomatischen intrakraniellen Blutungen, oder anderen unerwünschten Ereignissen unabhängig von der Infarktgröße, einschließlich schwerer Schlaganfälle, verbunden war“, zieht die Gruppe ein Fazit.
„Es ist noch nicht von einer ausreichenden Datenlage für eine komplette, starke Empfehlung zur früheren oralen Antikoagulation auszugehen“, lautet das Fazit der Leitlinienkoordinatoren Hamann und Sander.
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