Fortgeschrittenes SCLC: Bevacizumab zur Immunchemotherapie verlängert progressionsfreies Überleben
Chicago – Beim fortgeschrittenen kleinzelligen Lungenkarzinom (ES-SCLC) ist derzeit eine Immunchemotherapie der Standard in der Erstlinie. Ob die Zugabe des anti-angiogenen Antikörpers Bevacizumab hier einen Zusatznutzen bringt, ist nach der ersten Analyse einer Phase-3-Studie, die bei der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago vorgestellt wurde, noch nicht ganz klar (Abstract 8001).
Das kleinzellige Lungenkarzinom wird im fortgeschrittenen Stadium (extensive stage, ES-SCLC) laut Leitlinien mit Chemo- und Immuntherapie (Platin/Etoposid mit einem der PD-L1-Checkpointinhibitoren Durvalumab oder Atezolizumab) behandelt, weil man dadurch gegenüber der alleinigen Chemotherapie eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens erreicht. Maßgeblich dafür waren zwei Phase-3-Studien, für Durvalumab die CASPIAN-Studie (ESMO Open, 2022; DOI: 10.1016/j.esmoop.2022.100408), für Atezolizumab die IMpower133-Studie (NEJM, 2018; DOI: 10.1056/NEJMoa1809064).
Bevacizumab, ein Inhibitor des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF), ist bei vielen Tumortypen zugelassen und hat in klinischen Studien in Kombination mit Atezolizumab synergistische Wirkung gezeigt, etwa beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom in der Phase-3-Studie IMpower150 (Journal of Thoracic Oncology, 2021; DOI: 10.1016/j.jtho.2021.07.009). In einer chinesisch-japanischen Phase-3-Studie, BEAT-SC, wurde die Kombination aus Platin/Etoposid und Atezolizumab nun beim nicht vorbehandelten ES-SCLC randomisiert mit Bevacizumab oder Placebo kombiniert. Der VEGF-Inhibitor bzw. Placebo wurden während der 4 Zyklen der Chemotherapie und danach als Erhaltungstherapie gegeben. Primärer Endpunkt war das durch die Prüfärzte bestimmte progressionsfreie Überleben, zu den sekundären Endpunkten zählten Gesamtüberleben und Sicherheit.
Yuichiro Ohe, Tokyo, stellte in Chicago die primäre Analyse zum progressionsfreien und erste Interimsdaten zum Gesamtüberleben für die insgesamt 333 Patienten in der Intention-to-treat-Population vor. Beim progressionsfreien Überleben war der Bevacizumab-Arm mit median 5,7 dem Placeboarm mit 4,4 Monaten signifikant überlegen (Hazard Ratio 0,70; 95-%-Konfidenzintervall 0,54–0,90; p = 0,0060). Beim Gesamtüberleben konnte kein Vorteil für den VEGF-Inhibitor nachgewiesen werden; der numerische Nachteil von median 13 versus 16,6 Monaten war allerdings nicht signifikant. Es handelt sich hier um eine sehr frühe Auswertung, und die weitere Entwicklung der Überlebensdaten bleibt abzuwarten. Die Behandlung war gut verträglich, und therapiebedingte Nebenwirkungen wurden in beiden Armen etwa gleich häufig beobachtet.
Trotz des signifikanten Vorteils beim progressionsfreien Überleben hängt die Bewertung dieser Kombinationstherapie von der weiteren Entwicklung der Daten zum Gesamtüberleben ab, so Ohe, die derzeit als vorläufig angesehen werden müssen.
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