Gezüchtete Bakteriophagen wirken gegen mehr als 100 Bakterienstämme

Jena – Gezielt herangezüchtete Bakteriophagen wirken deutlich besser gegen multiresistente Keime als bekannte Phagen-Wildtypen. Das berichtet ein internationales Wissenschaftlerteam im Fachjournal Pharmaceuticals (2021; DOI: 10.3390/ph14040325).
Bakteriophagen sind spezielle Viren, die ausschließlich Bakterien angreifen und deshalb eine Alternative zu Antibiotika darstellen könnten. Sie wirken gezielt auf die krankheitsverursachende Bakterienspezies und können typische Resistenzmechanismen von Bakterien umgehen.
Doch die hohe Spezifität der Phagen war bislang auch ihr größter Nachteil: „Bakteriophagen sind derart exakt an ihr Wirtsbakterium angepasst, dass selbst eng verwandte Stämme der gleichen Bakterienart nicht mehr von ihnen angegriffen werden. Bislang versuchte man das durch eine geschickte Mischung natürlich vorkommender Phagen zu umgehen. Selbst in günstigen Fällen wirkt diese Phagenmixtur oft nur bei der Hälfte aller Zielbakterien und im schlimmsten Fall wirkt er nur auf einen einzigen Stamm von hunderten“, erläutert Ralf Ehricht, der mit seinem Team vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena und der Friedrich-Schiller Universität Jena an der Studie beteiligt war.
Die Wissenschaftler testeten in ihrer Studie die Wirksamkeit einer Züchtung von Bakteriophagen, die das österreichische Unternehmen PhagoMed Biopharma zur Bekämpfung von methicillinresistenten Staphylokokken (MRSA) entwickelt hat. Das Unternehmen hat verschiedene Phagen gekreuzt und diejenigen selektiert, die ein möglichst breites Spektrum an Bakterienstämmen angreifen konnten.
Gemeinsam mit den Jenaer Forschern und weiteren Partnern testeten sie eine Mischung der so gezüchteten Phagen an 110 Staphylokokkenstämmen – 43 % von ihnen multiresistente MRSA-Varianten. Es zeigte sich: Bei 101 der 110 Bakterienstämme wurde das Wachstum erfolgreich unterbunden.
„Das ist ein großer Fortschritt für die Phagentherapie, wodurch sie bei manchen Krankheitsbildern als ernsthafte Alternative zur antibiotischen Behandlung von MRSA-Infektionen in den Fokus rückt“, bewertet Ehricht die Ergebnisse der Studie.
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