Medizin

Im Verlauf einer Virusinfektion werden bindungsschwächere Abwehrzellen relevanter

  • Dienstag, 21. Juli 2020
/picture-waterfall, stock.adobe.com
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München – In verschiedenen Phasen einer Virusinfektion sind unterschiedliche T-Zellen mit unterschiedlichen Rezeptoren besonders aktiv. Das berichtet ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) um Dirk Busch, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene, im Fachmagazin Nature Immunology (DOI: 10.1038/s41590-020-0628-2).

Bisher waren die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass sich nach einer Infektion vor allem die Abwehrzellen vermehren, die besonders gut an die von Viren befallenen Zellstrukturen binden. Man vermutete daher, dass bei einer chronischen Infektion die Zahl dieser hochspezialisierten Zellen dauerhaft erhöht ist.

Die neuen Forschungsergebnisse zeigen jedoch eine Umkehr der Selektion: Je länger die Infektion dauert, desto geringer wird offenbar die durchschnittliche Bindungsstärke der T-Zellen. „Die Entdeckung dieser zeitlichen Veränderung war für uns eine große Über­raschung“, erläutert der Erstautor Kilian Schober.

Die Wissenschaftler analysierten für ihre Studie Blutproben von Menschen, die das Zytomegalievirus in sich tragen. Dieses Virus aus der Familie der Herpesviren ist bekanntlich sehr weit verbreitet. Die meisten Infizierten haben keine Symptome, bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem kann das Virus jedoch unter anderem Entzündungen der Lunge oder Leber auslösen.

Da bei Menschen in den meisten Fällen der Zeitpunkt der Infektion nicht bekannt ist, untersuchte das Team außerdem über mehrere Jahre im Labor das Blut von mit dem Zytomegalievirus infizierten Mäusen, bei denen das Datum der Erstinfektion bekannt war.
Mit Hilfe eines eigens entwickelten Verfahrens analysierten sie außerdem die Abwehr­zellen der Probanden.

Es zeigte sich, dass direkt nach einer Infektion mit dem Zytomegalievirus T-Zellen mit stark bindenden Rezeptoren dominieren. Einige Zeit später finden sich im Blut aber fast nur noch die schwächer bindenden Rezeptoren mit niedrigerer Haftfähigkeit.

„Wir vermuten, dass die veränderte Immunreaktion den Organismus vor einer überschie­ßenden Reaktion des Immunsystems schützt“, vermutet Busch. Möglicherweise würde eine dauerhafte Ausschüttung von Botenstoffen durch T-Zellen mit hoher Bindungs­affinität starke Entzündungen und damit schädigende Nebenwirkungen hervorrufen.

T-Zellen werden schon seit über 25 Jahren erfolgreich als lebende Medikamente eingesetzt. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei chronischen Immunantworten T-Zellen mit weniger stark bindenden Rezeptoren langlebiger sind“, so der Wissenschaftler.

hil

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