Kältereize unterdrücken Abwehrmechanismen in der Nase

Boston – Externe Kältereize unterdrücken Immunabwehrmechanismen in der Nasenschleimhaut und begünstigen so, dass Grippevirusinfektionen in kälteren Jahreszeiten gehäuft auftreten. Damit eröffnen amerikanische Wissenschaftler mit ihrer Publikation im Journal of Allergy and Clinical Immunology (2022; DOI: 10.1016/j.jaci.2022.09.037) einen mechanistischen Erklärungsansatz für die Zunahme von Grippeinfektionen im Winter.
Die Nase ist eine Eintrittspforte für Krankheitserreger, indem sie eingeatmet werden oder direkt (z. B. durch die Hände) in die Nase gelangen. Saisonale Schwankungen bei der Häufigkeit von respiratorischen Virusinfektionen und die Bedeutung der Umgebungstemperatur bei der Modulation von Immunantworten sind gut bekannt aber die zugrunde liegenden Mechanismen weniger.
Daher untersuchte Erstautorin Di Huang von der Abteilung für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Harvard Medical School in Boston (Massachusetts, USA) die Rolle von von Nasenepithel abgeleiteten extrazellulären Vesikeln (EVs) in der angeborenen antiviralen Immunität über den Toll-like-Rezeptor-3(TLR3)-Signalweg auch bei kälteren Temperaturen.
Dafür analysierte das Forscherteam um Studienleiter Benjamin S. Bleier, Direktor der Abteilung für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde der Harvard Medical School in Boston, wie Zellen aus chirurgischen Proben der menschlichen Nasenschleimhaut und autologe menschliche Zellen auf 3 verschiedene virale Infektionen mit Coronavirus und 2 verschiedenen Rhinoviren reagierten.
In diesen Experimenten löste jedes Virus einen Schwarm von EVs aus, allerdings über einen anderen Signalweg als bei bakteriellen Infektionen. Als Abwehrreaktion, trugen die EVs spezifische Oberflächenrezeptoren, an die sich die Viren anstelle von Nasenepithelzellen banden. Je mehr Evs gebildet wurden, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass Viren geringere Chancen hatten, an die Nasenschleimhaut zu binden, was zur Unterdrückung einer Grippeinfektion beitrug, erläuterte Huang.
Die Forscher testeten daraufhin, wie kältere Temperaturen diese Reaktion in der Nase beeinflussten. Anhand von gesunden Freiwilligen, die zunächst in einer Umgebung mit Raumtemperatur und danach für 15 Minuten Temperaturen von 4,4 °C ausgesetzt waren, stellten die Autoren fest, dass die Temperatur in der Nase um etwa 5 °C sank.
Dieser Temperaturunterschied wurde dann auf die Gewebe- und Zellexperimente übertragen, infolgedessen eine verminderte Immunreaktion auf virale Infektionen festgestellt wurde. Die Menge der EVs nahm um fast 42 % ab und die antiviralen Oberflächenrezeptoren der EVs waren ebenfalls beeinträchtigt.
Die antiviralen Immunabwehrreaktionen, die durch TLR3-stimulierte EVs vermittelt wurden, waren bei Kälteexposition verringert, was mit einer Abnahme von EVs sowie verminderter antiviraler Bindungsaffinität an die Oberflächenrezeptoren verbunden war. „Zusammengenommen liefern diese Ergebnisse eine mechanistische Erklärung für die saisonale Variation bei Infektionen der oberen Atemwege“, so Huang.
Die über den TLR3-Signalweg getriggerten nasalen EVs können respiratorische Virusinfektionen effektiv unterdrücken, werden aber durch externe Kältereize aufgrund von saisonalen Fluktuationen in ihrer Schutzfunktion beeinträchtigt. Die Studienautoren schlagen vor, dass weitere Forschungsaktivitäten darauf abzielen sollten, wie die Abwehrmechanismen in der Nase unter diesen Bedingungen unterstützt werden könnten.
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