Medizin

Lieber Beatles als Blues: Fröhliche Musik lindert Reisekrankheit

  • Mittwoch, 3. September 2025
/New Africa, stock.adobe.com
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Chongqing – Musik könnte eine einfache und nebenwirkungsfreie Möglichkeit darstellen, Symptome der Reisekrankheit zu lindern. Das berichtet ein Team um Qizong Yue von der chinesischen Southwest University in Chongqing in Frontiers in Human Neuroscience (2025; DOI: 10.3389/fnhum.2025.163610).

Für ihre Studie untersuchte die Forschungsgruppe in Fahrsimulator-Experimenten, wie sich verschiedene Musikstile auf die Erholung von Reisekrankheit auswirken.

„Reisekrankheit beeinträchtigt für viele Menschen das Reiseerlebnis erheblich, und bestehende pharmakologische Interventionen haben oft Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit“, erläutert Yue, korrespondierender Autor der Studie, in einer Mitteilung. „Musik stellt eine nicht-invasive, kostengünstige und personalisierte Interventionsstrategie dar.“

Experimente im Fahrsimulator

Für die Untersuchung wurden zunächst 40 Probandinnen und Probanden rekrutiert, um digitale Strecken in einem Fahrsimulator zu testen und die Routen auszuwählen, auf denen Menschen am ehesten reisekrank werden.

Im nächsten Schritt untersuchte das Forschungsteam eine Gruppe von Teilnehmenden auf ihre bisherige Anfälligkeit für Reisekrankheit und wählte 30 Personen aus, die angaben, in der Vergangenheit mäßig reisekrank gewesen zu sein. Sie trugen Elektroenzephalogramm-Kappen (EEG), um die Veränderungen der Gehirnaktivität während des Versuchs zu erfassen.

Die 30 Probandinnen und Probanden wurden in 6 Gruppen eingeteilt: 4 erhielten eine Musikintervention, eine blieb ohne akustische Begleitung, und bei einer weiteren Gruppe wurde der Fahrsimulator angehalten, sobald erste Symptome auftraten. Diese Vergleichsgruppe diente dazu, charakteristische EEG-Signale für die Reisekrankheit zu identifizieren.

Nach einer Ruhephase zur Erfassung von EEG-Basissignalen absolvierten die Teilnehmenden eine Fahraufgabe im Simulator, bis Symptome wie Schwindel oder Übelkeit auftraten. Im Anschluss hörten die Musikgruppen 60 Sekunden lang Musik und bewerteten erneut ihre Beschwerden.

Bei Reiseübelkeit lieber keine traurigen Balladen

Das Ergebnis: Fröhliche Musik reduzierte die Symptome im Mittel um 57,3 %, sanfte Musik um 56,7 %. Leidenschaftliche Musik zeigte mit 48,3 % einen mittleren Effekt, während traurige Musik (40 %) sogar schlechter abschnitt als die Kontrollgruppe ohne Musik (43,3 %).

Die EEG-Daten bestätigten die subjektiven Angaben. Je stärker die Symptome, desto weniger komplex war die Aktivität im Okzipitallappen oder Hinterhauptlappen. Mit Besserung der Beschwerden normalisierte sich diese Aktivität.

Den Forschenden zufolge könnten sanfte Klänge entspannend wirken, indem sie Spannungen lösen, während fröhliche Musik über das Belohnungssystem des Gehirns ablenkt. Traurige Musik hingegen verstärke möglicherweise negative Emotionen und verschlimmere das Unwohlsein.

Allerdings hat die Studie Limitationen, auf die das Forschungsteam selbst hinweist. „Die größte Einschränkung dieser Studie ist die relativ kleine Stichprobengröße“, wird Yue zitiert. „Diese Einschränkung führt zu einer begrenzten statistischen Aussagekraft.“

Bedeutung für die Praxis

Trotz der Einschränkungen sehen die Autorinnen und Autoren in Musik eine vielversprechende Option, um Symptome der Reisekrankheit im Alltag zu lindern – auch über den Straßenverkehr hinaus. „Basierend auf unseren Schlussfolgerungen können Personen, die während der Reise unter Reisekrankheitssymptomen leiden, fröhliche oder sanfte Musik hören, um Linderung zu erzielen“, so Yue.

Die primären theoretischen Rahmenbedingungen für die Entstehung von Reisekrankheit würden allgemein für Krankheiten gelten, die durch verschiedene Fahrzeuge verursacht werden, erklärt Yue: „Daher lassen sich die Ergebnisse dieser Studie wahrscheinlich auch auf Reisekrankheit während Flug- oder Seereisen übertragen.“

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