Massenimpfung mit CoronaVac stoppt SARS-CoV-2 in brasilianischer Stadt

São Paulo – Die Impfung der gesamten erwachsenen Bevölkerung mit dem Impfstoff CoronaVac, der in klinischen Studien nur eine mäßige Schutzwirkung erzielte, hat in einer Kleinstadt im Bundesstaat São Paulo eine schwere COVID-19-Epidemie innerhalb kurzer Zeit gestoppt. Dies zeigen die Ergebnisse einer Step-Wedge-Studie, die das staatliche Butantan Institut in einer Pressemitteilung bekannt gab.
Der Impfstoff CoronaVac des chinesischen Herstellers Sinovac ist mit einem Anteil von 80 % der bevorzugte Impfstoff in Brasilien. Es handelt sich um einen konventionellen Impfstoff aus inaktivierten Viren. Diese erzielen häufig eine schwächere Schutzwirkung. Bei CoronaVac lag sie nach den im Februar vom Hersteller vorgestellten Ergebnissen der Phase-3-Studie nur bei 50 %.
Da der Impfstoff dem Immunsystem mit den inaktivierten Viren eine große Anzahl von Antigenen anbietet, sind die Chancen hoch, dass auch Virusvarianten erfasst werden. Dies scheint bei CoronaVac der Fall zu sein. Erste Erfahrungen aus der Stadt Manaus zeigen, dass CoronaVac auch vor einer Infektion mit der Lineage P.1 (oder nach der neuen WHO-Klassifikation Variante Gamma) schützt.
Das Butantan-Institut in São Paulo, das weltweit bekannt ist für die Entwicklung von Antiseren gegen Schlangengifte, hat in den letzten Monaten zusammen mit der Medizinischen Universität in Ribeirão Preto untersucht, ob die Epidemie durch die Massenimpfung einer gesamten Ortschaft gestoppt werden kann. Die Stadt Ribeirão Preto mit 650.000 Einwohnern liegt 313 Kilometer nördlich von São Paulo in einer Anbauregion für Zuckerrohr. Für das Project S wurde die wenige Kilometer entfernte Kleinstadt Serrana ausgewählt.
Die Stadt wurde für eine Step-Wedge-Studie in 4 Zonen aufgeteilt, in denen nacheinander mit der Impfung begonnen wurde. Die Idee einer randomisierten Studie, in der ein Teil der Bevölkerung mit Placebo geimpft würde, wurde wohl angesichts der starken Ausbreitung von SARS-CoV-2 aus ethischen Gründen verworfen. Das Step-Wedge-Design wird in solchen Situationen von der Forschung als Alternative akzeptiert.
Die Studie war offenbar gut organisiert. Zwischen dem 17. Februar und Ende April diesen Jahres wurden rund 27.000 Personen oder etwa 96 % der Erwachsenen geimpft. Ausgenommen waren Kinder und Jugendliche sowie Einwohner mit chronischen Erkrankungen. CoronaVac erfordert 2 Impfungen im Abstand von 4 Wochen.
Obwohl die Stadt nicht von der Außenwelt abgeschlossen war – viele Einwohner pendeln zur Arbeit nach Ribeirão Preto – und damit der Eintrag neuer Viren nicht zu verhindern war, kam es schon bald zu einem Rückgang der Erkrankungsfälle. Eine erste Auswirkung war laut Studienleiter Ricardo Palacios vom Butantan-Institut erkennbar, als das erste Stadtviertel die 2. Dosis erhalten hatte. Inzwischen ist die Studie abgeschlossen.
Nach den (noch nicht publizierten) Ergebnissen hat die Impfung die Zahl der Erkrankungen an COVID-19 in der gesamten Stadt um 80 % gesenkt (95-%-Konfidenzintervall 76,9 % bis 82,7 %). Die Zahl der Krankenhauseinweisungen ging um 86 % (74,1 % bis 92,3 %) und die Zahl der Todesfälle um 95 % (62,7 % bis 99,3 %) zurück.
Der deutliche Rückgang weist laut Palacios darauf hin, dass die Impfung eine Herdenimmunität erzielt hat. Denn auch bei den Kindern und Jugendlichen sei es zu einem Rückgang der Infektionen gekommen. Unklar ist derzeit, wie lange die Immunität anhält. Die Studie soll deshalb noch über ein weiteres Jahr fortgesetzt werden.
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