Metastasiertes Melanom: Neue Kombi nach Versagen von Checkpoint-Inhibition vielversprechend
Lugano/ Köln – Patienten mit fortgeschrittenem, inoperablem Melanom, bei denen eine Therapie mit einem der bisher zugelassenen Immuncheckpoint-Inhibitoren versagt hat, besitzen nicht mehr viele Optionen.
Beim virtuellen Kongress der European Society of Medical Oncology (ESMO) wurden Daten aus einer Phase-II-Studie vorgestellt, denen zufolge eine Kombination aus dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab und dem Multikinase-Inhibitor Lenvatinib hier noch eine gewisse Wirksamkeit zeigt [Arance Fernandez AM et al. ESMO 2020, Abstract #LBA44].
Das metastasierte maligne Melanom war der erste Tumor, bei dem Inhibitoren des PD-1-/PD-L1- und des CTLA-4-Immuncheckpoint-Systems ihre Wirksamkeit bewiesen haben und zugelassen wurden. Die Effektivität bezieht sich dabei weniger auf die Verlängerung des medianen Überlebens als vor allem darauf, dass ein Teil der Patienten ein Langzeitüberleben zeigt, was sich in einer Plateaubildung der entsprechenden Kaplan-Meier-Kurven äußert.
Der Anteil der Patienten, die trotz ursprünglich metastasierter Erkrankung mindestens 5 Jahre lang überleben, liegt sowohl für den CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab als auch für PD-1-Inhibitoren wie Nivolumab oder Pembrolizumab bei knapp 20 % (z.B. Journal of Clinical Oncology, 2019; DOI: 10.1155/2019/5269062).
Auch Patienten, deren Melanom eine BRAF-V600-Mutation trägt und die deshalb mit BRAF- und MEK-Inhibitoren behandelt wurden, können nach dem Versagen dieser zielgerichteten Medikationen einen Nutzen aus einer Checkpoint-Inhibition ziehen.
Wenn der Tumor anschließend wieder progredient ist, sind die Möglichkeiten allerdings sehr beschränkt, und es gibt bisher keine zugelassene Therapie für diese Indikation. Für Resistenzen gegen Immuncheckpoint-Inhibitoren gibt es verschiedene Ursachen, und Kombinationstherapien bieten sich in solchen Situationen aus theoretischen Gründen an.
In der Phase-II-Studie LEAP-004 (NCT03776136) wurde deshalb eine neuartige Kombination getestet, wie Ana Maria Arance Fernandez, Barcelona, beim ESMO-Kongress berichtete: Der Multikinase-Inhibitor Lenvatinib hemmt eine ganze Reihe von Tyrosinkinasen, die an Angiogenese, Zellproliferation und Immunmodulation beteiligt sind.
So kann er das Tumor-Microenvironment durch Hemmung der Rezeptoren von vaskulärem endothelialem Wachstumsfaktor (VEGFR) und Fibroblasten-Wachstumsfaktor (FGFR) in einen immunstimulierenden Zustand versetzen und könnte daher die Wirksamkeit eines PD-1-Inhibitors erhöhen.
Lenvatinib, bisher zur Therapie von Nierenzell-, Schilddrüsen- und hepatozellulärem Karzinom zugelassen, wurde deshalb in der LEAP-004-Studie mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab kombiniert.
Die Patienten mussten ein nicht operables Melanom des Stadiums III oder IV haben, das binnen 12 Wochen nach der letzten Dosis eines PD-1- oder PD-L1-Inhibitors mit oder ohne CTLA-4-Inhibitor progredient gewesen war. Sie erhielten 20 mg/d des oralen Inhibitors Lenvatinib und alle 3 Wochen 200 mg Pembrolizumab i.v. – bis zu 2 Jahre lang oder bis zum Auftreten einer Progression oder von inakzeptablen Toxizitäten.
Ausgewählte Patienten konnten auch nach einer Progression weiterbehandelt werden, weil man von einem möglichen Nutzen von Checkpoint-Inhibitoren in dieser Situation ausgehen kann. Sie wurden im ersten Jahr alle 9 Wochen, im zweiten Jahr alle 12 und danach alle 24 Wochen mittels Bildgebung untersucht.
Primärer Endpunkt war die per RECIST v1.1 bestimmte Gesamtansprechrate, als sekundäre Endpunkte wurden progressionsfreies Überleben, Dauer der Remission, Gesamtüberleben und Sicherheit festgelegt. Gut die Hälfte der 103 eingeschlossenen Patienten hatten erhöhte Laktatdehydrogenase-Werte, ein gutes Drittel wies eine BRAF-V600-Mutation auf. 57 % der Patienten hatten bereits mindestens 2 Melanom-Therapien erhalten, 32 % eine Kombination aus BRAF- und MEK-Inhibitor, und 28 % waren nach einer vorangegangenen Checkpoint-Inhibitor-Therapie progredient.
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 1 Jahr lag die durch unabhängige, verblindete Gutachter beurteilte Gesamtansprechrate bei 21,4 % insgesamt und bei 31 % für die nach einer Checkpoint-Inhibition progredienten Patienten; 2 Patienten erzielten eine Komplettremission.
Die Krankheitskontrollrate, also die Rate an Remissionen plus Krankheitsstabilisierungen, betrug 65 %, die mediane Dauer der Remissionen 6,3 Monate. Für progressionsfreies und Gesamtüberleben wurden Medianwerte von 4,2 bzw. 13,9 Monaten errechnet, die 9-Monats-Raten dafür lagen bei 26,2 % bzw. 65,4 %.
Unter den Nebenwirkungen fielen besonders ein Hypertonus bei 56,3 % der Patienten (eine für anti-angiogen wirksame Medikamente wie Lenvatinib typische Toxizität), Diarrhö (35,9 %) und Nausea (34 %) auf. Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher schlugen mit 44,7 % zu Buche, 1 toxischer Todesfall war zu beklagen, und bei 8 Patienten führten Nebenwirkungen zum Abbruch der Therapie mit einer oder beiden Substanzen.
Diese Ergebnisse, so Fernandez, belegen eine gewissen Wirksamkeit der Kombination aus Multikinase- und Checkpoint-Inhibitor bei Patienten mit einem Melanom, das nach einem PD-1- oder PD-L1-Inhibitor progredient ist.
Die Zweierkombination könnte also für diese Patienten, bei denen ein hoher Bedarf an wirksamen Therapien besteht, eine neue Option darstellen, zumal das Sicherheitsprofil keine Überraschungen gegenüber dem bisher für beiden Substanzen Bekannten brachte.
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