Medizin

Millionen Menschen sind gesundheitlich bedenklichem nächtlichem Verkehrslärm ausgesetzt

  • Mittwoch, 19. August 2020
Feierabendverkehr auf der Leipziger Straße in Berlin /dpa
/dpa

Dessau-Roßlau – In Deutschland sind 10,9 Millionen Menschen nachts einem Verkehrs­lärm exponiert, der langfristig Gesundheitsstörungen auslösen kann. Tagsüber sind laut einer Studie im Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz (2020: DOI: 10.1007/s00103-020-03178-9) sogar 15,8 Millionen Menschen betroffen.

Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2017 aus einer Erhebung, die nach einer Richtlinie der EU (2002/49/EG) alle 5 Jahre wiederholt werden muss. Als Grenze für die nächtliche Lärmbelastung gelten 50 dB, tagsüber sollten die Werte 55 dB nicht überschreiten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert inzwischen, dass nachts eine Grenze von 40 bis 45 dB nicht überschritten werden sollte.

Die Schätzungen, die das Bundesumweltamt bereits im Juni veröffentlicht hat, sind deshalb eine Unterschätzung, schreibt Jördis Wothge vom Umweltbundesamt in ihrem Beitrag. Dies gelte auch deshalb, weil die Lärmkartierung nur an Straßen mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 3 Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr, an Eisenbahn­strecken mit mehr als 30.000 Zugbewegungen jährlich sowie an Flughäfen mit mehr als 50.000 Flugbewegungen durchgeführt wurde.

Neben dem Verkehrslärm fühlen sich viele Menschen auch durch Nachbarschaftslärm belästigt. Nach dem Straßenverkehrslärm, durch den sich laut einer Studie des Umwelt­bundesamtes 75 % der Befragten gestört fühlten, wurde Nachbarschaftslärm mit 60 % noch vor Industrie- und Gewerbelärm und Flugverkehrslärm (jeweils 42 %) und Schienenverkehrslärm (35 %) genannt.

Die Lärmbelästigung führt, wie Wothge ausführt, nicht nur zu Schlafstörungen. Der Stress und die damit verbundene Aktivierung des autonomen Nervensystems und des Hormonsystems erhöhe auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Lärm könne auch zu kognitiven Beeinträchtigungen führen, die sich vor allem bei Kindern bemerkbar machen. Schulkinder hätten ein schlechteres Lese- und Hörver­ständnis, wenn sie in lauten Umgebungen aufwachsen und lernen.

Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann chronischer Lärm auch psychische Erkran­kungen auslösen. So steige das relative Risiko, an einer Depression zu erkranken, mit jedem Anstieg des Dauerschallpegels bei Fluglärm um 15 % und bei Straßenverkehrs­lärm um 4 %.

rme

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