Medizin

Orforglipron: Hersteller plant Zulassungsantrag für oralen GLP-1-Rezeptoragonisten

  • Donnerstag, 4. September 2025
/pogonici, stock.adobe.com
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Indianapolis – Die tägliche Einnahme einer Pille mit dem Wirkstoff Orforglipron könnte für Menschen mit Adipositas und/oder Typ-2-Diabetes zu einer Alternative für die wöchentlichen Injektionen von Semaglutid, Tirzepatid und anderen GLP-1-Agonisten werden. In der Phase-3-Studie ATTAIN-2 kam es unter der Therapie mit dem Wirkstoff zu einer deutlichen Gewichtsreduktion.

Das geht aus den Daten hervor, die der Hersteller Ende August in einer Pressemitteilung bekannt gab. Es würden mit dem Abschluss der ATTAIN-2-Studie alle notwendigen klinischen Daten vorliegen, um weltweit Zulassungsanträge für Orforglipron in diesem Jahr zu stellen, hieß es.

Die detaillierten Ergebnisse der ATTAIN-2-Studie sollen demnach auf einem künftigen medizinischen Kongress präsentiert und in einer Fachzeitschrift veröffentlicht werden.

Orforglipron ist ein Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptoragonist (GLP-1-RA) und wird als Small Molecule vom Darm resorbiert. Das ist bei den bisher verfügbaren GLP-1-RA, die Varianten des körpereigenen GLP-1 sind, nicht möglich. Die orale Semaglutid-Variante Rybelsus wird dank einer Co-Formulierung mit einem Resorptionsvermittler im begrenzten Maße von der Magenschleimhaut aufgenommen, allerdings nur, wenn keine anderen Speisen vorhanden sind.

Der Hersteller verspricht sich deshalb von Orforglipron einen Akzeptanzvorteil bei Patientinnen und Patienten. Die bisher für die Zulassung durchgeführten Phase-3-Studien ATTAIN-2, ATTAIN-1 und ACHIEVE-1 zeigen, dass Orforglipron in den Dosierungen von 6 mg bis 36 mg pro Tag wirksam und sicher in der Anwendung ist – im Gegensatz zu Danuglipron, dessen klinische Entwicklung wegen einer Hepatotoxizität gestoppt werden musste.

Deutlicher Gewichtsverlust möglich

So betrug die mittlere Gewichtsreduktion in der ATTAIN-2-Studie der Pressemitteilung zufolge bei übergewichtigen und adipösen Personen mit Typ-2-Diabetes abhängig von der Orforglipron-Dosierung (6, 12 und 36 mg) 5,5 % bis 10,5 %. In der Placebogruppe sank das Gewicht im Mittel im 2,2 %.

Einen Gewichtsverlust von mindestens 10 % erreichten unter dem oralen GLP-1-RA je nach Dosis 23,9 % bis 50,1 % der Teilnehmenden, in der Placebogruppe waren es 7,0 %. Bei 7,3 % bis 28,4 % der Patientinnen und Patienten in den Verumgruppen ging das Körpergewicht sogar um 15 % oder mehr zurück, in der Placebogruppe traf dies auf 1,9 % zu.

Der HbA1c-Wert sank unter den 3 Orforglipron-Dosierungen um 1,3 bis 1,8 %-Punkte, in der Placebogruppe um 0,1 %-Punkte. Weiterhin erreichten unter dem oralen GLP-1-RA Immerhin 56,2 % bis 75,0 % einen HbA1c-Wert < 6,5 %, den die Fachgesellschaften als Grenze zur diabetischen Stoffwechsellage betrachten. Einen solchen Wert erzielten 10,6 % der Teilnehmenden aus der Placebogruppe.

Die kombinierte Reduktion von Blutzucker und Körpergewicht unter Orforglipron wirkt sich auch günstig auf andere kardiometabolische Risikofaktoren aus. Schon in der ACHIEVE-1-Studie war es zu einem Rückgang von Cholesterin, Blutdruck und Triglyzeriden gekommen. Die ATTAIN-2-Studie dokumentierte zusätzlich einen Rückgang im hochsensitiven C-reaktiven Protein, einem Marker für die Entzündungsreaktion im Körper, um bis zu 50,6 %.

Keine neuen Sicherheitssignale

Die Verträglichkeit entsprach weitgehend den Erfahrungen, die mit anderen GLP-1-Agonisten gemacht wurden. Im Vordergrund standen gastrointestinale Nebenwirkungen: Unter der höchsten Tagesdosierung von 36 mg Orforglipron kam es bei 36,4 % der Teilnehmenden zur Übelkeit, bei 23,1 % zum Erbrechen, bei 22,4 % zur Obstipation und bei 10,9 % zur Dyspepsie. Wichtig für die Zulassung ist, dass im Gegensatz zu Danuglipron kein Hinweis auf eine Lebertoxizität gefunden wurde.

Darüber hinaus erreichten in der ATTAIN-1-Studie übergewichtige und adipöse Personen ohne Typ-2-Diabetes eine mittlere Gewichtsreduktion dosisabhängig von 7,8 % bis 12,4 % im Vergleich zu 0,9 % in der Placebogruppe, wie ebenfalls einer Pressemitteilung des Herstellers zu entnehmen ist. Die Ergebnisse sollen bei der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) vorgestellt und in einer Fachzeitschrift publiziert werden.

In der ACHIEVE-1-Studie lag der Fokus auf der Reduktion des HbA1c-Werts bei Menschen mit einem frühen Typ-2-Diabetes (Dauer 4 Jahre) (New England Journal of Medicine 2025; DOI: 10.1056/NEJMoa2505669). Unter Orforglipron ging der HbA1c-Wert dosisabhängig um 1,24 bis 1,48 %-Punkte zurück – im Vergleich zu 0,41 %-Punkten in der Placebogruppe. Die Gewichtsreduktion fiel mit 4,5 % bis 7,6 % gegenüber 1,7 % in der Placebogruppe bescheidener aus.

Wenn die Arzneimittelbehörden keine Einwände haben, könnte Orforglipron bereits im nächsten Jahr zugelassen werden.

rme

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