Orforglipron: Oraler GLP-1-Agonist überzeugt in Phase-3-Studie
Indianapolis – Die einmal tägliche Einnahme des GLP-1-Agonisten Orforglipron der Herstellers Eli Lilly hat in einer zulassungsrelevanten Phase-3-Studie den Langzeitblutzucker HbA1c bei Patienten mit Typ-2-Diabetes in einem vergleichbaren Maße gesenkt wie die zugelassenen GLP-1-Agonisten, die zumeist einmal wöchentlich subkutan injiziert werden. Im Nebeneffekt kam es zu einem Rückgang des Körpergewichts.
Orforglipron gehört zu einer neuen Generation von Wirkstoffen, die den Rezeptor des Glucagon-like Peptide“-1 (GLP 1) stimulieren. Anders als Semaglutid und eine Reihe anderer GLP-1-Agonisten sowie das Twincretin Tirzepatid ist Orforglipron keine Variante des Peptid-Hormons, sondern ein „Small Molecule“.
Es besetzt den GLP 1-Rezeptor an der gleichen Stelle wie das natürliche Hormon und die zugelassenen GLP-1-Agonisten, ist aber wesentlich kleiner und es hat keine Proteinstruktur.
„Small Molecules“ werden vom Darm resorbiert, was eine orale Einnahme ermöglicht. Peptide werden im Magen denaturiert und im Darm zerlegt, bevor die einzelnen Aminosäuren resorbiert werden. Bei Semaglutid ist eine orale Anwendung nur in Kombination mit einem Absorptionsverstärker und bei Einnahme auf nüchternen Magen möglich.
Da es sich bei „Small Molecules“ um körperfremde Substanzen handelt, werden sie in der Leber unter Umständen als Xenobiotikum abgebaut. Dabei kann es zu einer Organschädigung kommen. Eine Lebertoxizität hatte zuletzt den Hersteller Pfizer veranlasst, die klinische Entwicklung seines GLP-1-Agonisten Danuglipron zu stoppen, der ebenfalls zu den „Small Molecules“ gehört.
Bei Orforglipron ist bisher keine Hepatotoxizität beobachtet worden. Auch in der ACHIEVE-1-Studie gab es laut der Pressemitteilung des Herstellers kein „hepatisches Sicherheitssignal“.
An der Studie nahmen 559 Patienten mit Typ-2-Diabetes teil, deren HbA1c-Wert auf durchschnittlich 8,0 % angestiegen war. Die Patienten wurden über 40 Wochen auf eine tägliche Behandlung mit Orforglipron in der Dosierung 3 mg, 12 mg beziehungsweise 36 mg oder auf Placebo randomisiert.
Primärer Endpunkt der Studie war die Entwicklung des HbA1c-Werts. Hier kam es der Pressemitteilung zufolge unter der Dosis von 3 mg zu einem Rückgang um 1,3 %-Punkte. Unter der Dosis von 12 mg kam es zu einer Verbesserung um 1,6 %-Punkte, die sich unter der höchsten Dosierung von 36 mg mit einer Verbesserung um 1,5 %-Punkte nicht weiter steigern ließ.
In der Placebo-Gruppe sank der HbA1c-Wert mit 0,1 %-Punkten nur unwesentlich. Unter der höchsten Dosierung erreichten mehr als 65 % der Patienten einen HbA1c-Wert von unter 6,5 %, der allgemein als Schwellenwert für die Diagnose eines Typ-2-Diabetes gilt.
Unter den sekundären Endpunkten steigerte Orforglipron die Gewichtsreduktion dosisabhängig um 4,7 % (4,4 kg), 6,1 % (5,5 kg) und 7,9 % (7,3 kg). Dies bestätigt die Erfahrungen aus den bisherigen Studien zu anderen GLP-1-Agonisten, nach denen für eine Gewichtsreduktion eine höhere Dosis erforderlich ist als für die Senkung des HbA1c-Werts. Die Gewichtsreduktion fiel verglichen mit anderen GLP-1-Agonisten mäßig aus. Zu berücksichtigen ist, dass es auch in der Placebo-Gruppe zu einem Rückgang um 1,6 % (1,3 kg) kam.
Die Nebenwirkungen entsprachen den Erfahrungen von anderen GLP-1-Agonisten. Am häufigsten waren Durchfälle (19 %, 21 % und 26 % in den drei Dosisgruppen versus 9 % in der Placebo-Gruppe). Es folgten Übelkeit (13 %, 18 % und 16 % versus 2 %), Dyspepsie (10 %, 20 % und 15 % versus 4 %) und Erbrechen (5 %, 7 % und 14 % versus 1 %).
Die Abbruchquoten aufgrund unerwünschter Ereignisse betrugen 6 % (3 mg), 4 % (12 mg) und 8 % (36 mg) versus 1 % mit Placebo.
Weitere Ergebnisse sollen auf der Jahrestagung der American Diabetes Association im Juni in Chicago vorgestellt werden. Dann sei auch eine Publikation geplant.
Der Hersteller dürfte aufgrund der Ergebnisse gute Chancen auf eine Zulassung haben. Aufgrund der ACHIEVE-1-Studie dürfte sie nur für die Indikation Typ-2-Diabetes gelten.
Der Hersteller lässt jedoch in der Phase-3-Studie ATTAIN-1 die Wirkung von Orforglipron an etwa 3.000 Patienten mit Übergewicht und Adipositas prüfen. Die Ergebnisse könnten noch in diesem Jahr vorliegen und die Grundlage für eine Zulassungserweiterung schaffen.
An der Börse in Kopenhagen fiel der Kurs von Novo Nordisk heute kurz nach Handelsbeginn um rund acht Prozent. Novo Nordisk hatte seinen Gewinn im vergangenen Jahr um rund ein Fünftel gesteigert und unter dem Strich mehr als 100 Milliarden Kronen (13,5 Milliarden Euro) verdient. Der Umsatz legte im Vorjahresvergleich um 25 Prozent auf 290,4 Milliarden Kronen zu.
Novo Nordisk vertreibt die Medikamente Ozempic und Wegovy, die den Wirkstoff Semaglutid enthalten. Die Abnehmspritzen haben den Konzern zum zeitweise wertvollsten Unternehmen Europas gemacht.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: