Regeneron schränkt Einsatz von REGN-COV2 ein

Washington – Das US-Biotech-Unternehmen Regeneron hat den Einsatz seines Anti-COVID-19-Mittels eingeschränkt. Regeneron bezog sich bei der Bekanntgabe dieses Beschlusses auf eine Studie des unabhängigen Expertengremiums IDMC, das eine Überprüfung der Testreihe nahelegte. Die genauen Gründe für die Entscheidung des Unternehmens wurden nicht mitgeteilt.
Die Einschränkung bezieht sich nur auf die besonders stark von SARS-CoV-2 betroffenen Patienten, die auf eine intensive Sauerstoffbeatmung angewiesen sind. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liege lediglich ein „möglicher Sicherheitshinweis“ des Expertengremiums über ein ungünstiges Verhältnis zwischen Nutzen und Risiko des Mittels vor, erklärte das Unternehmen.
„Die Gabe von neutralisierenden Antikörpern ist mechanistisch betrachtet eigentlich nur in der Frühphase der Infektion, in der noch eine hohe Virusvermehrung stattfindet, sinnvoll“ erklärte Leif-Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Berliner Charité. In der späteren Phase werde die Erkrankung vor allem durch eine fehlgeleitete Immunreaktion befeuert.
Meist bilden die Patienten in dieser Phase schon selbst neutralisierende Antikörper. Schwere Erkrankungen treten meist in der zweiten Krankheitswoche auf, wenn die Patienten bereits eigene Antikörper bilden und die Viruskonzentration schon deutlich abfällt. „Daher ist eine Gabe in der Spätphase vermutlich nicht wirksam“, so Sander.
Vor einem weiteren Einsatz des Mittels in der genannten Personengruppe müssen dem Unternehmen zufolge weitere Daten gesammelt werden. Der Einsatz des Mittels bei Patienten, die nicht beatmet werden müssten oder nur eine geringe Sauerstoffzufuhr erhielten, könne fortgesetzt werden. Die aktuellen Erkenntnisse würden der US-Arzneimittelbehörde FDA übermittelt.
„Es gibt vorläufige Ergebnisse, die zeigen, dass neutralisierende Antikörper bei ambulanten COVID-19-Patienten mit nur milden bis moderaten Beschwerden zumindest die Viruskonzentration senken können“, bestätigte Sander.
Zudem sei vorstellbar, dass die Gabe von neutralisierenden Antikörpern als eine passive Immunisierung – und nichts anderes ist es ja – prophylaktisch nach SARS-CoV-2-Exposition von Risikopatienten gegeben werden könne, als Postexpositionsprophylaxe.
Dies könnte man sich zum Beispiel bei einem Ausbruch in einem Pflegeheim vorstellen. Auch Patienten mit angeborenen oder erworbenen Störungen der eigenen Antikörperbildung könnten von diesen Medikamenten profitieren. „Daher sehe ich durchaus Potenzial für den Einsatz monoklonaler Antikörper. Auch in Deutschland werden einige dieser Antikörper entwickelt“, so der Infektionsimmunologe.
Das Regeneron-Mittel REGN-COV2 wurde kürzlich bei der Behandlung von US-Präsident Donald Trump gegen seine Coronainfektion eingesetzt. Kurz darauf beantragte Regeneron bei der FDA die Erlaubnis zum Einsatz seines Medikaments bei COVID-19-Patienten mit leichten und mittelschwerden Symptomen.
„Es scheint sich herauszukristallisieren, dass neutralisierende Antikörper sehr früh im Krankheitsverlauf eingesetzt werden müssen, um gegebenenfalls wirksam und hoffentlich gut verträglich zu sein. Der Stab darf daher noch nicht vorzeitig über den Einsatz von neutralisierenden Antikörpern bei COVID-19 gebrochen werden“, betonte Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin sowie Leiter der Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen an der München Klinik Schwabing.
Es sei eher eine Frage des ‚richtigen Timings‘, so der Infektiologe, ähnlich es auch bei dem Virostatikum Remdesivir der Fall gewesen sei – auch dieses wirke am besten in der Frühphase der Erkrankung.
„Die Hoffnung bleibt, dass das Therapieprinzip der passiven Immuntherapie mit neutralisierenden Antikörpern bei früher Anwendung einen vollen Ausbruch von Symptomen und Folgeschäden bei COVID-19 verhindern kann“, lautet Wendtners Fazit.
Dies müsse nun aber erst noch wissenschaftlich belegt werden, ohne wirtschaftlich oder politisch motivierte Störfaktoren von außen. Neutralisierende Antikörper bleiben für ihn ein Hoffnungsträger bei dieser pandemischen Erkrankung, stehen aber bis auf Weiteres unter Beobachtung.
Anm. d. Red.: Die Meldung wurde aktualiert.
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