Medizin

Ruxolitinib lindert akute Graft-versus-Host-Reak­tion nach Stammzelltrans­plantation

  • Freitag, 24. April 2020
Die Blutstammzellen können sich zu allen Arten von Blutzellen entwickeln, etwa weißen oder roten Blutkörperchen und Blutplättchen. /Naeblys, stock.adobe.com
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Freiburg − Der Januskinase(JAK)-1/2-Inhibitor Ruxolitinib, der zur Behandlung von Myelofibrose und Polycythaemia vera zugelassen ist, ermöglicht eine effektive Behandlung einer akuten Graft-versus-Host-Disease, zu der es häufig nach allogenen Stammzell­transplantationen kommt. Dies zeigen die im New England Journal of Medicine (2020; doi: 10.1056/NEJMoa1917635) publizierten Ergebnisse einer Phase- 3-Studie.

Eine allogene Stammzelltransplantation kommt zunehmend bei Leukämien/Lymphomen und schweren Immundefekten zum Einsatz. Bei der Behandlung wird das erkrankte oder defekte Knochenmark durch die Stammzellen eines Spenders neu aufgebaut. Doch die T-Zellen des Spenders betrachten ihre neue Umgebung als fremd und greifen sie an. Bei etwa der Hälfte der Patienten kommt es zu einer lebensgefährlichen akuten Graft-versus-Host-Disease (GvHD).

Die Behandlung erfordert eine hochdosierte Gabe von Glukokortikoiden, die jedoch die Patienten nicht immer retten kann, vor allem wenn die GvHD bereits fortgeschritten ist. Ein Team um Robert Zeiser vom Universitätsklinikum Freiburg und Nikolas von Bubnoff vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein/Campus Lübeck, konnte in den letzten Jahren zunächst in Zell- und Tierstudien zeigen, dass Ruxolitinib die Aktivierung und gegenseitige Verstärkung der transplantierten Immunzellen bremst.

Der Hersteller hat daraufhin ein Studienprogramm mit einer Phase-2-Studie (REACH 1) und 2 Phase-3-Studien (REACH 2 und REACH 3) begonnen. An der Studie REACH 1 nahmen 71 Patienten teil, bei denen es nach einer allogenen Stammzelltransplantation zu einer akuten GvHD vom Grad II bis IV gekommen war, die auf eine Behandlung mit Steroiden nicht angesprochen hatte. In der offenen Studie erhielten alle Patienten zusätzlich zur Steroidbehandlung Ruxolitinib.

Wie Madan Jagasia vom Vanderbilt University Medical Center in Nashville/Tennessee und Mitarbeiter kürzlich in Blood (2020; DOI: 10.1182/blood.2020004823) berichteten, hatten bis zum Tag 28 insgesamt 39 Patienten (54,9 %) auf die Behandlung angesprochen. Bei 19 Patienten (26,8 %) war es sogar zum vollständigen Abklingen der Symptome gekommen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat Ruxolitinib aufgrund der Ergebnisse von REACH 1 im letzten Jahr zur Behandlung der steroidrefraktären akuten GvHD bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten ab 12 Jahren zugelassen.

Jetzt liegen auch die Ergebnisse der Phase-3-Studie REACH 2 vor, an der an 105 Studienzentren in 22 Ländern 309 Patienten mit steroidrefraktärer akuter GvHD teilgenommen hatten. Zusätzlich zu den Steroiden erhielt die Hälfte der Patienten Ruxolitinib, die andere Hälfte die bisherige Standardtherapie. Primärer Endpunkt war erneut ein Abklingen der Symptome der akuten GvHD.

Wie Prof. Zeiser und Mitarbeiter berichten, erreichten in der Ruxolitinib-Gruppe 96 von 154 Patienten (62 %) das Behandlungsziel gegenüber 61 von 155 Patienten (39 %) in der Kontrollgruppe. Die Odds Ratio von 2,64 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,65 bis 4,22 hoch signifikant.

Die Erholung hatte in der Ruxolitinib-Gruppe bei 61 Patienten (40 %) auch nach 8 Wochen noch Bestand gegenüber 34 Patienten (22 %) in der Kontrollgruppe (Odds Ratio 2,38; 1,43 bis 3,94). Die Behandlung mit Ruxolitinib war mit einem längeren rückfall­freien Überleben von median 5,0 Monaten gegenüber 1,0 Monaten in der Kontrollgruppe verbunden (Hazard Ratio 0,46; 0,35 bis 0,60). Das mediane Gesamtüberleben war mit 11,1 Monaten gegenüber 6,5 Monaten (Hazard Ratio 0.83; 0,60 bis 1,15) verlängert.

Die Nebenwirkungen entsprachen den Erwartungen. Am häufigsten kam es zu Thrombozytopenie (33 versus 18 % in der Kontrollgruppe), Anämie (30 versus 28 %) sowie zu Cytomegalievirus-Infektionen (26 versus 21 %).

Zeiser und von Bubnoff rechnen aufgrund der Ergebnisse der Studie REACH2 fest damit, dass Ruxolitinib demnächst auch in Europa zur Behandlung der steroidrefraktären GvHD zugelassen wird.

Der Hersteller lässt in der zweiten Phase-3-Studie (REACH 3) untersuchen, ob Ruxolitinib auch bei einer chronischen GvHD wirksam ist. An der Studie nehmen an 191 Zentren 330 Patienten teil. Die Ergebnisse sollen in der zweiten Hälfte dieses Jahres vorliegen.

rme

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