Medizin

SARS-CoV-2: Forscher entdecken kreuzreaktive Antikörper zu anderen Coronaviren

  • Mittwoch, 20. Januar 2021
/Tatiana Shepeleva, stock.adobe.com
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Flagstaff/Arizona – US-Forscher haben im Blut von Patienten, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben, Antikörper nachgewiesen, die auch relevante Epitope auf endemischen Coronaviren erkennen, die für saisonale Erkältungskrankheiten verantwortlich sind.

Die in Cell Reports Medicine (2021; DOI: 10.1016/j.xcrm.2020.100189) beschriebene Kreuzreaktivität könnte mit erklären, warum eine Infektion mit SARS-CoV-2 einen unterschiedlichen Verlauf nehmen kann.

SARS-CoV-2 ist bekanntlich nicht das erste Coronavirus, das den Menschen infiziert. 4 weitere Viren – HCoV-229E, HCoV-NL63, HCoV-HKU1 und HCoV-OC43 – sind seit längerem weltweit verbreitet. Sie lösen in der Regel nur harmlose Erkrankungen der oberen Atemwege aus, die einen Teil der häufigen „Erkältungen“ im Kindesalter erklären. Die Infektionen führen zu einer Immunantwort, die erst ansatz­weise untersucht ist. Immunologen halten es für vorstellbar, dass die dabei gebildeten Antikörper auch SARS-CoV-2 in Schach halten könnten.

Ein Team um John Altin vom Translational Genomics Research Institute der Universität in Flagstaff/Arizona hat jetzt eine Methode entwickelt, mit der in Blutproben systematisch nach Anti­körpern gegen Coronaviren gesucht werden kann. Der PepSeq-Assay besteht aus einer Vielzahl kleinerer Peptide, die verschiedenen Abschnitten des Spike- und des Nukleoproteins von SARS-CoV-2 entsprechen. Jedes Peptid war mit einem anderen Oligonukleotid markiert, so dass die Peptide später durch Gen­sequenzierungen eindeutig identifiziert werden konnten.

Wie erwartet, konnten mit dem PepSeq-Assay im Blutserum von rekonvaleszenten Patienten verschie­dene Antikörper nachgewiesen werden, die nach der Infektion mit SARS-CoV-2 gebildet wurden. Einige Anti­körper waren jedoch auch in Serumproben vorhanden, die aus der Zeit vor der Pandemie stammten. Altin vermutet, dass diese Antikörper nach früheren Infektionen mit anderen Coronaviren gebildet wurden. Dass sie auch nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 auftreten, ist ein erster Hinweis auf eine Kreuzimmunität, die allerdings noch in weiteren Studien belegt werden müsste.

Weil die Position der Peptide im Spike- und Nukleoprotein von SARS-CoV-2 bekannt war, konnten die Forscher herausfinden, wo die Antikörper die Coronaviren binden. 2 Bindungsstellen befinden sich in der Subunit 2 des Spikeproteins. Das Virus benötigt diesen Abschnitt für das Eindringen in die Zellen. Antikörper gegen diese Epitope könnten deshalb eine neutralisierende Wirkung haben. Ein Impfstoff, der diese Antikörper erzeugt, könnte vor Infektionen gegen verschiedene Coronaviren schützen.

Patienten, die diese kreuzreagierenden Antikörper nach einer früheren Infektion mit HCoV-229E, HCoV-NL63, HCoV-HKU1 oder HCoV-OC43 gebildet haben, könnten im Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2 auf eine gewisse Grundimmunität zurückgreifen. Dies könnte dann zu einem leichteren Verlauf der Erkrankung führen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, müsste jedoch noch in weiteren Studien untersucht werden.

rme

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