Medizin

SARS-CoV-2: Impfstoff aus inaktivierten Viren in Phase-1-Studie auch bei älteren Menschen immunogen

  • Montag, 19. Oktober 2020
/Khunatorn, stock.adobe.com
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Peking – Während die meisten Hersteller in westlichen Ländern bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 auf moderne Proteinvakzinen oder auf rekombinante Viren beziehungsweise DNA/RNA-Impfstoffe setzen, die bisher noch niemals zugelassen wurden, konzentrieren sich Hersteller aus Schwellenländern wie China auf konven­tionelle Methoden.

Ein Impfstoff aus inaktivierten Viren hat laut der Publikation in Lancet Infectious Diseases (2020; DOI: 10.1016/S1473-3099(20)30831-8) in einer Phase-1-Studie auch bei älteren Menschen, die die wichtigste Zielgruppe sind, eine Immunität erzielt.

Inaktivierte Viren werden in Zellkulturen vermehrt und dann chemisch behandelt. Diese Viren können menschliche Zellen nicht mehr infizieren. Wenn die chemische Inakti­vierung schonend erfolgt, bleiben jedoch die Proteine auf der Hülle so weit intakt, dass sie die Bildung von Antikörpern stimulieren, die dann auch die „echten“ Viren neutra­lisieren können.

Einen solchen inaktivierten Impfstoff hat das Beijing Institute of Biological Products entwickelt. Die Viren stammen aus der Bronchiallavage von 3 Patienten, die an der Jinyintan-Klinik in Wuhan behandelt wurden. Der Stamm „19nCoV-CDC-Tan-HB02“ wurde ausgewählt, weil er sich in Verozellen, einer Zelllinie aus normalen Nierenzellen von Grünen Meerkatzen, gut vermehren ließ. Die Viren wurden dann mit beta-Propiolacton inaktiviert. Sie wurden zu einem Impfstoff verarbeitet, der neben 2µg, 4µg und 8µg Virusproteinen das Adjuvans Aluminumhydroxid enthält, das die Immunogenität verstärken soll.

Der Impfstoff wurde in einer Phase-1-Studie an 192 gesunden Probanden getestet, von denen die Hälfte 60 Jahre oder älter war. Die Probanden erhielten eine einmalige Impfung mit der Vakzine BBIBP-CorV in einer der 3 Dosierungen oder ein Placebo.

Laut dem Team um Xiaoming Yang von der Pekinger Firma haben sich alle Dosierungen auch bei den älteren Probanden als sicher erwiesen. Die Nebenwirkungen waren laut der Publikation in der Regel auf Schmerzen und auf eine Schwellung an der Injektionsstelle beschränkt. Systemische Nebenwirkungen wie Fieber sollen selten aufgetreten und in der Regel milde und selbstlimitierend gewesen sein. Auch bei den älteren Probanden sind laut Yang keine sicherheitsrelevanten Probleme aufgetreten.

Bei allen Teilnehmern im Alter von 18 bis 80 Jahren kam es zu einer Immunreaktion mit der Bildung von Antikörpern. Das Immunsystem der älteren Teilnehmer (60 Jahre plus) reagierte langsamer und es vergingen 42 Tage, bevor bei allen Probanden Antikörper nachgewiesen werden konnten. Bei den jüngeren Teilnehmern kam es bereits in den ersten 28 Tagen zum Anstieg der Antikörper.

Auch die Antikörperspiegel waren bei den 60- bis 80-Jährigen niedriger als bei den 18- bis 59-Jährigen. Der mittlere neutralisierende Antikörpertiter betrug 42 Tage nach der Impfung mit der 8-µg-Impfstoffdosis bei den 18- bis 59-Jährigen 228,7 gegenüber 170,9 bei den 60- bis 80-Jährigen.

Da die Studie nicht darauf ausgelegt war, die Wirksamkeit des Impfstoffs zu bewerten, muss unklar bleiben, ob die Senioren vor einer Infektion geschützt wären.

In der anschließenden Phase-2-Studie wurden 448 Teilnehmer ausschließlich im Alter zwischen 18 und 59 Jahren mit den beiden höheren Dosierungen (4 µg oder 8 µg) oder mit Placebo geimpft. Die Teilnehmer erhielten dieses Mal 2 Impfstoffdosen im Abstand von 14, 21 oder 28 Tagen.

Die stärkste Antikörperantwort wurde mit den beiden 4-µg -Dosierungen im Abstand von 21 oder 28 Tagen erzielt. Die mittleren neutralisierenden Antikörpertiter betrugen 28 Tage nach der zweiten Impfung 282,7 für das 21-Tage-Intervall und 218,0 für das 28-Tage-Intervall. Der Hersteller hat inzwischen mit einer Phase-3-Studie begonnen.

Nach einer Übersicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) befinden sich derzeit 42 Impfstoffe in der klinischen Prüfung. Darunter sind 7 Impfstoffe aus inaktivierten Viren, von denen 3 die Phase 3 erreicht haben, die alle in China hergestellt wurden.

rme

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