Medizin

SARS-CoV-2: Infektion des Endothels erklärt „COVID-Zehen“

  • Montag, 6. Juli 2020
/astrosystem, stock.adobe.com
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Madrid – Die „COVID-Zehen“, Frostbeulen-ähnliche Läsionen, die vor allem von spanischen Pädiatern bei Kindern beobachtet wurden, sind vermutlich auf eine Infektion der Endothelien mit dem SARS-CoV-2 zurückzuführen. Dies zeigen neue Untersuchungs­ergebnisse im British Journal of Dermatology (2020; DOI: 10.1111/bjd.19327).

In den letzten Wochen haben sich Berichte über Kinder und Jugendliche gehäuft, die nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 stark juckende und/oder schmerzhafte Läsionen an den Zehen, manchmal auch an den Fingern entwickelten. Die starken Rötungen und Ödeme erinnerten die Dermatologen an eine Perniosis („Frostbeule“), doch die Patienten waren keiner Kälte ausgesetzt gewesen. Bei einigen Kindern war es auch zu einem juckenden Hautausschlag gekommen, der nicht in das Krankheitsbild einer Perniosis passt.

Die Fälle waren insgesamt selten, eine Umfrage an spanischen Kliniken förderte jedoch 375 Patienten zutage. Bei den meisten Kindern traten die Läsionen in der Erholungs­phase auf, in der vielfach keine aktive Infektion mit SARS-CoV-2 mehr nachweisbar war. Ein Zusammen­hang mit der Erkrankung wurde deshalb infrage gestellt (JAMA Dermatology 2020; DOI: 10.1001/jamadermatol.2020.2340).

Isabel Colmenero vom Hospital Infantil Universitario Niño Jesús, einer Kinderklinik in Madrid, und Mitarbeitern ist es jetzt gelungen, die Viren in den „COVID-Zehen“ nach­zuweisen. Die Pathologen haben Biopsien aus den Hautläsionen von 7 Kindern im Alter von 3 bis 17 Jahren untersucht. Wie bei den meisten anderen berichteten Fällen waren die Rachenabstriche auf das Virus negativ ausgefallen.

Mit einer immunhistochemischen Methode konnte in den Biopsien jedoch ein Antigen des Spike-Proteins vom SARS-CoV-2 in den Gewebeschnitten nachgewiesen werden. Die Viren befanden sich in den Endothelzellen der Kapillaren. Schließlich gelang es den Forschern, die etwa 92 Nanometer großen Viren mit den für Coronaviren charakteris­tischen 13 Nanometer großen Spikes unter dem Elektronenmikroskop sichtbar zu machen.

Colmenero vermutet, dass eine Endotheliitis für die Entzündungsreaktion verantwortlich ist, die zu den „Frostbeulen“-ähnlichen Läsionen führt. Warum sie vor allem an den Akren (Zehen, Fingern) auftreten ist unklar. Die Prognose ist gut. Die Läsionen bilden sich im Verlauf von wenigen Wochen in der Regel vollständig zurück.

rme

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