SARS-CoV-2: Unterschiedliche Übertragungswege in Schulen und Kitas

Heidelberg – In Schulen und Kitas kommt es unter den derzeitigen Hygienemaßnahmen insgesamt selten zur Übertragung von SARS-CoV-2. Die Befallsraten waren nach den Ergebnissen einer Untersuchung aus Rheinland-Pfalz in medrxiv (2021; DOI: 10.1101/2021.02.04.21250670) in den Kitas deutlich höher als in den Schulen. In Kitas gingen die Infektionen in erster Linie von den Betreuern aus, in den Schulen spielte sich das Infektionsgeschehen vor allem unter den Schülern ab.
Schulen und Kindertagesstätte standen lange im Verdacht, die Pandemie zu fördern. Sie blieben deshalb im ersten Lockdown weitgehend geschlossen. Seit dem Ende der Sommerferien hat ein Team um Philipp Zanger vom Institut für Global Health der Universität Heidelberg zusammen mit dem Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz in Koblenz die Übertragungsmuster an Schulen und Kitas des Landes untersucht. Die Grundlage bildeten die Ergebnisse aus den Kontaktuntersuchungen der einzelnen Untersuchungsämter aus den Monaten August bis Dezember 2020.
Das erste Ergebnis war, dass auch an Schulen und Kindertagesstätten die Superspreaderregel gilt, wonach etwa 20 % der Infizierten für 80 % der Ansteckungen verantwortlich sind. In der Studie waren 81 der 441 Indexfälle (18 %), die genau untersucht werden konnten, für 196 Folgeinfektionen verantwortlich. Für die übrigen 360 Indexpersonen (82 %) wurde kein einziger Folgefall identifiziert.
Insgesamt ermittelten die Forscher eine Befallsrate („secondary attack rate“) von 1,34 %, die damit geringer ausfällt, als allgemein für Schulen und Kitas angenommen wird. Diese niedrige Rate gilt vor dem Hintergrund der anflutenden 2. Welle und den damals geltenden Hygieneregeln mit physischer Distanz, regelmäßigem Lüften, der häufigen Desinfektion von Oberflächen und einer allgemeinen Maskenpflicht, die ab November auch für den Aufenthalt in den Klassenzimmern galt.
In den Kitas war das Übertragungsrisiko insgesamt 2,9 mal höher als in den Schulen. Die meisten Indexfälle gab es hier unter den Erzieherinnen und Erziehern. Diese steckten etwa zur Hälfte andere Erzieherinnen und Erzieher und zur Hälfte die betreuten Kinder an. Übertragungen unter den Kindern waren selten und noch seltener steckten sie ihre Betreuer an.
In den Schulen war es anders: Fast alle Indexfälle fanden sich unter den Schülern und Schülerinnen und diese infizierten in erster Linie ihre Mitschüler. Das Lehrpersonal wurde von den Schülern nur selten angesteckt.
Zanger zieht aus den Ergebnissen den Schluss, dass bei den Hygienekonzepten mehr auf die Kontakte zwischen Erzieherinnen und Erziehern gelegt werden sollte. Dabei sollten auch Situationen beachtet werden, in denen die Erzieherinnen und Erzieher unter sich sind, etwa in Pausen- und Besprechungsräumen. Hier könnte das größte Potenzial zur Reduktion der Infektionslast bestehen.
Neben allgemeinen Hygienemaßnahmen könnten auch gezielte Testungen und die Impfungen unter dem Personal das Infektionsgeschehen senken.
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