SARS-CoV-2: Verschwörungstheorien international weit verbreitet

Cambridge – Wurde das SARS-CoV-2 in einem Labor in Wuhan erzeugt mit dem geheimen Ziel, die Menschheit zu impfen? Und senden die G5-Sendemasten Wellen aus, um die Symptome von COVID-19 zu verstärken? Derartige Verschwörungstheorien sind international derzeit weit verbreitet, wie eine Analyse von Umfragen aus 5 Ländern in Royal Society Open Science (2020; DOI: 10.1098/rsos.201199) zeigt.
Verschwörungstheorien sind kein neues Phänomen. Die Bandbreite reicht vom Glauben an Hexen im Mittelalter, die für Naturkatastrophen und Krankheiten verantwortlich gemacht wurden, über die angeblichen Ritualmorde von Juden an Christen, die den Antisemitismus am Leben hielten, bis zu Freimaurern, die die Weltherrschaft anstreben. Auch die Ansichten, dass Aids nicht durch Viren ausgelöst wird oder die Masernimpfung zum Autismus führt, gehören im weitesten Sinn zu den Verschwörungstheorien.
Zu den derzeit am weitesten verbreiteten Themen gehört SARS-CoV-2. Umfragen, die in den letzten Monaten in Großbritannien, Irland, Mexiko, Spanien und den USA durchgeführt wurden, zeigen, dass sich viele Menschen eine natürliche Entwicklung des Virus schwer vorstellen können. Zwischen 22 und 23 % der Befragten in Großbritannien und den USA bewerteten die Behauptung, das Virus sei in einem Labor in Wuhan von Forschern erzeugt worden, für vertrauenswürdig. In Irland fanden dies 26 % der Befragten, in Mexiko und Spanien waren es 33 % beziehungsweise 37 %.
Auch die Idee, die Pandemie sei Teil einer Verschwörung zur Durchsetzung der globalen Impfung, ist auf fruchtbaren Boden gefallen: 22 % der mexikanischen Bevölkerung bewerteten dies als glaubwürdig, in Irland, in Spanien und den USA waren es 18 %, in Großbritannien 13 %.
Der berüchtigten 5G-Verschwörung, nach der die Sendemasten die COVID-19-Symptome verstärken, hingen in Mexiko und Spanien 16 % der Bevölkerung an gegenüber 12 % in Irland und 8 % in Großbritannien und den USA.
Ein Team um Sander van der Linden von der Universität Cambridge in England hat die Ergebnisse der Umfragen analysiert, um herauszufinden, was Menschen anfällig für die aktuellen Verschwörungstheorien macht. Neben einem allgemeinen Bildungsmangel war ein fehlendes Verständnis für Zahlen ein wichtiger Prädiktor. Menschen, die einer SARS-Verschwörung anhängen, glauben häufig, dass eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 1.000 höher ist als eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10.
Verschwörungstheoretiker haben der Studie zufolge häufiger wenig Vertrauen in Wissenschaftler oder Journalisten, sie informieren sich häufiger über soziale Medien und trauen der Weltgesundheitsorganisation nicht. Politisch konservativ orientierte Menschen neigen in Irland, Mexiko und Spanien eher zu Verschwörungstheorien. Für Großbritannien und die USA war dies nicht eindeutig nachweisbar. Während in anderen Bereichen ältere Menschen eher Verschwörungen anhängen, ist dies bei COVID-19 nicht der Fall.
Menschen, die Verschwörungstheorien zu SARS-CoV-2 anhingen, zeigten in den Umfragen auch die geringste Neigung, sich gegebenenfalls impfen zu lassen oder dies Familienmitgliedern oder Freunden zu empfehlen.
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