SARS-CoV-2: Warum eine Impfung auch nach einer überstandenen Infektion sinnvoll ist

Sheffield – Personen, die bereits eine Infektion mit SARS-CoV-2 überstanden haben, können ihren Immunschutz durch eine einmalige „Nachimpfung“ deutlich verbessern. Sie erzielen nach den vom Lancet (2021; DOI: 10.2139/ssrn.3812375) vorveröffentlichten Ergebnissen eine mindestens so gute Immunität wie Personen, deren Immunsystem noch keinen Kontakt zum Pandemievirus hatte, nach einer 2-fachen Impfung.
Die meisten Menschen entwickeln nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 eine Immunität, die sie nach derzeitigem Kenntnisstand wenigstens vorübergehend zu mehr als 80 % vor einer erneuten Erkrankung schützt. Die SIREN-Studie ("SARS-CoV-2 Immunity and Reinfection Evaluation“) untersucht derzeit, ob der Immunschutz für Angehörige der Gesundheitsberufe, die bereits an COVID-19 erkrankt waren, durch eine 1-Mal-Dosis mit den Pfizer-Impfstoff BNT162b2 verstärkt werden kann.
In der Teilstudie PITCH („Protective Immunity from T-cells in Healthcare workers“) wird dabei neben der B-Zell-Antwort, also dem Schutz durch die Antikörper, auch die T-Zell-Antwort genauer untersucht. Während die Antikörper die Viren außerhalb der Zellen „abfangen“ und damit die Infektion weiterer Zellen verhindern, zerstören die T-Zellen die bereits mit den Viren infizierten Zellen, was ebenfalls die Infektionskette im Körper unterbrechen kann.
Die Untersuchung der T-Zell-Wirkung ist kompliziert und wird deshalb nicht so häufig durchgeführt. Das Team um Thushan de Silva von der Universität Sheffield hat an 113 Infizierten und 124 nicht infizierten Personen verschiedene T-Zell-Assays durchgeführt. In einem wurde gemessen, ob die T-Zellen durch Proteine von SARS-CoV-2 zur Ausschüttung von Interferonen angeregt werden. Im anderen wurden die Zytokine in den Zellen angefärbt. Ihr Ausstoß, die Degranulation, ist ein Hinweis auf eine T-Zell-Antwort.
Beide Tests zeigen, dass die 1-Mal-Impfung die Schutzwirkung durch die frühere Infektion deutlich verstärken kann. Die T-Zell-Antwort war laut de Silva in etwa 5,9-fach stärker als bei virusnaiven Personen (die ihre 1. Impfung erhalten hatten). Sie erreicht in etwa die Stärke, die bei den virusnaiven Personen nach der 2. Dosis erreicht wurde.
Auch die Antikörperbildung konnte bei den Personen mit früherer Infektion mit SARS-CoV-2 durch die „Nachimpfung“ deutlich verstärkt werden. Laut de Silva waren die Antikörper-Titer 6,8-fach höher als bei virusnaiven Personen nach der 1. Dosis und etwa 3-fach höher als nach der 2. Dosis.
Die Forscher fanden auch Hinweise dafür, dass der Booster die „Breite“ der Immunantwort erhöht. T-Zellen und Antikörper erkennen dann offenbar mehr Bereiche des S-Proteins von SARS-CoV-2 als nach der ersten Impfung oder nach der überstandenen Infektion.
In den Labortests wurde auch eine neutralisierende Wirkung der Antikörper gegen die Varianten B.1.1.7 (Kent), B.1.135 (Südafrika) und P.1 (Brasilien) gefunden. Die größere Breite der Immunantwort ist für de Silva ein wichtiger Grund, nicht auf die Nachimpfung zu verzichten, selbst wenn nach einer Infektion (oder einer 1. Impfdosis) bereits ein guter Immunschutz erzeugt werde.
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