Medizin

SARS-CoV-2: Wie Infektionen im Krankenhaus vermieden werden können

  • Freitag, 11. September 2020
/peterschreiber.media, stock.adobe.com
/peterschreiber.media, stock.adobe.com

Boston – Durch strikte Kontrollmaßnahmen lassen sich nosokomiale Infektionen auch in Pandemiekrisen verhindern. Im Brigham and Women's Hospital, einer Klinik der Schwerpunktversorgung in Boston, haben sich auf dem Höhepunkt der COVID-19-Epidemie nur 2 Personen mit SARS-CoV-2 infiziert, wie jetzt eine Nachuntersuchung in JAMA Network Open (2020; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.20498) ergab.

Die Großstadt Boston gehörte in den 12 Wochen zwischen dem 7. März und dem 30. Mai zu den ersten Hotspots von COVID-19 in den USA. Das Brigham and Women's Hospital, das zweitgrößte Lehrkrankenhaus der Harvard Medical School, befindet sich innerhalb der Stadt in einer beengten Umgebung des Campus. Die Klinik reagierte allerdings schnell auf die drohende Gefahr, wobei ihr die gute technische Ausrüstung und die Expertise vor Ort geholfen haben.

Schon am 13. März wurde eine infektiologische Station für COVID-19 in Zimmern eröffnet, die allesamt über einen „negative airflow“ klimatisiert waren. Eine Woche später hatten Labormediziner einen ersten PCR-Test entwickelt, der innerhalb von 12 Stunden Ergebnisse lieferte. Am 25. März wurde eine Maskenpflicht für das Personal eingeführt.

3 Tage später mussten alle Mitarbeiter vor dem Betreten der Klinik online attestieren, dass sie beschwerdefrei sind. Besucher wurden nach dem 3. April kaum noch und wenn, dann nur mit Maske hereingelassen. Seit dem 10. April standen N95-Masken für das Personal zur Verfügung.

Wie Chanu Rhee von der Harvard Medical School und Mitarbeiter jetzt berichten, haben die Maßnahmen eine Ausbreitung von SARS-CoV-2 in der Klinik weitgehend vermieden, obwohl in dieser Zeit 9.149 stationäre Patienten behandelt wurden, darunter 697 mit COVID-19.

Bei 23 Patienten wurde die Diagnose nach dem dritten Tag des Krankenhausaufenthaltes oder innerhalb von 2 Wochen nach der Entlassung gestellt. Sie erfüllten damit formell die Kriterien einer nosokomialen Infektion. Doch die eingehende Analyse aller Fälle ergab, dass sich nur 2 in der Klinik angesteckt haben könnten.

Bei 14 Patienten stellte sich heraus, dass sie bereits bei der Aufnahme Symptome hatten, 7 Patienten hatten nach der Entlassung Hoch-Risiko-Kontakte, beispielsweise weil sie in ein Pflegeheim mit einem COVID-19-Ausbruch entlassen wurden. Diese Patienten hatten nach den Recherchen von Rhee in der Klinik keinen Kontakt zu Infizierten gehabt.

Nur bei 2 Patienten konnte Rhee eine nosokomiale Infektion nicht ausschließen. Ein Patient wurde am 15. Tag des Krankenhausaufenthaltes positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Rhee vermutet die Infektionsquelle in dem präsymptomatischen Ehepartner, der den Patienten täglich (noch ohne Maskenpflicht) besucht hatte, bis bei ihm die Erkrankung ausbrach. Das war eine Woche bevor die Symptome beim Patienten einsetzten.

Bei dem zweiten Patienten, bei dem eine nosokomiale Infektion nicht ausgeschlossen werden konnte, waren die Symptome 4 Tage nach der Entlassung aufgetreten. Für diese 4 Tage konnten keine möglichen Risikokontakte ermittelt werden. Auch das kurze Zeitinter­vall sprach für eine nosokomiale Infektion, obwohl keine mögliche Exposition in der Klinik nachzuweisen war.

Angesichts der hohen Zahl von COVID-19-Patienten, die die Klinik behandelte, zeigen 2 nosokomiale Infektionen ein sehr geringes Infektionsrisiko an. Wenn die notwendigen antiinfektiösen Maßnahmen getroffen werden, kann laut Rhee auch auf dem Höhepunkt einer Epidemie die Sicherheit der Patienten gewährleistet werden.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung