Medizin

Silent Hypoxemia: SARS-CoV-2 könnte den Sauerstoffsensor im Glomus caroticum zerstören

  • Montag, 4. Januar 2021
/Josh, stock.adobe.com
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Sevilla – Spanische Forscher haben im Glomus caroticum, das an der Aufzweigung der Halsschlagader in Carotis interna und externa den Sauerstoffgehalt des Blutes misst, den ACE2-Rezeptor nachgewiesen, über den SARS-CoV-2 Zellen infiziert. Eine Schädigung der Sauerstoffsensoren könnte laut der Studie in Function (2021: DOI: 10.1093/function/zqaa032) die bei vielen COVID-19-Patienten beobachtete „Silent Hypoxemia“ erklären.

Viele Patienten mit COVID-19 haben trotz schwerer Hypoxämie (mit pO2-Werten von unter 50 mm Hg statt normal 75 bis 100 mm Hg) keine Luftnot oder Zeichen einer beschleunigten Atmung. Diese „Silent Hypoxemia“ oder „Happy Hypoxia“, die aufgrund einer schnellen Dekompensierung das Leben des Patienten gefährdet, ist häufig.

In einer Kohortenstudie aus Frankreich hatten 2 von 3 Patienten trotz Pneumoniezeichen im CT keine Atemnot. Ein Drittel musste auf Intensivstation behandelt werden, wo die meisten an COVID-19 starben (International Journal of Infectious Diseases 2021; DOI: 10.1016/j.ijid.2020.10.067).

Die Ursache für die verminderte Wahrnehmung des Sauerstoffmangels und die ausbleibende physiolo­gische Reaktion ist unklar. Ein Team um José López-Barneo von der Universität Sevilla vermutet sie in einer Infektion der Glomuszellen vom Typ I, die im Glomus caroticum den Sauerstoffgehalt des arteri­ellen Blutes messen.

Die Forscher haben Gewebeproben des Glomus caroticum von 4 verstorbenen Personen untersucht (die allerdings nicht an COVID-19 gestorben waren). Mit immunhistochemischen Mitteln konnten sie den ACE2—Rezeptor, über den SARS-CoV-2 Zellen infiziert, auf den Typ I-Zellen nachweisen. Mit der Polyme­rase-Kettenreaktion konnten sie bei 18 Verstorbenen auch die Boten-RNA des ACE2—Rezeptors auf­spüren.

Der Nachweis der ACE2-Rezeptoren auf den Sauerstoffsensoren belegt noch nicht, dass SARS-CoV-2 sie tatsächlich infiziert und beschädigt. Die Hypothese könnte jedoch relativ einfach in Autopsien von Patienten überprüft werden, schreiben die Forscher.

rme

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