Studie: Hörstörungen fördern Bewegungsmangel im Alter

Baltimore – Ältere Menschen mit Hörstörungen sind körperlich deutlich weniger aktiv. Der Bewegungsmangel entsprach in einer Querschnittstudie in JAMA Network Open (2021; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.5484) einem 5 bis 10 Jahre höheren biologischen Alter.
Hörstörungen können zu einer sozialen Isolierung führen, da die Betroffenen Gesprächen nicht mehr so gut folgen können. Zu den bekannten Folgen gehören Depressionen und möglicherweise auch kognitive Störungen.
Kaum erforscht sind bisher die Auswirkungen auf die körperliche Aktivität. Für Menschen mit Hörstörungen kann es schwierig werden, sich im Freien zu orientieren, da sie Gefahren zu spät erkennen. Das Sturzrisiko ist erhöht. Schlechte Erfahrungen könnten dazu führen, dass sie sich auch in diesem Bereich immer weiter zurückziehen.
Ein Team um Frank Lin von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore hat hierzu die Daten der „National Health and Nutrition Examination Survey“ (NHANES) ausgewertet, die regelmäßig den Gesundheitszustand der US-Bevölkerung untersucht. In den Jahren 2003/4 wurden auch Hörtests bei den Erwachsenen durchgeführt. Bei einigen wurden zudem die täglichen Bewegungen mit Akzelerometern aufgezeichnet.
Lin beschränkt die Auswertung auf 291 Senioren im Alter von 60 bis 69 Jahren, von denen 48 (16,5 %) unter leichten und weitere 22 (7,6 %) unter schwereren Hörstörungen litten. Als leichtere Störung wurde ein Abfall um 25 bis 40 dB im Reintonaudiogramm gewertet. Bei einem Abfall von mehr als 40 dB wurde eine schwere Hörstörung angenommen.
Die Auswertung der Bewegungsdaten ergab, dass die Senioren die meiste Zeit des Tages im Sitzen (518,43 Minuten) oder in leichter körperlicher Aktivität verbrachten (326,50 Minuten). Tätigkeiten mit einer mittleren bis höheren körperlichen Anstrengung übten sie nur an 7,71 Minuten aus.
Die Senioren mit Hörstörungen vermieden mittlere bis starke körperliche Aktivitäten weitgehend (minus 5,53 Minuten). Aber auch leichte Aktivitäten (minus 28,55 Minuten) waren bei ihnen seltener, während die Ruhezeiten um 34,07 Minuten zunahmen. Die körperlichen Aktivitäten waren zudem stärker fragmentiert, sprich die Senioren mit Hörstörungen bewegten sich weniger am Stück.
Lin hat diesen Bewegungsmangel auf das biologische Alter umgerechnet. Die Senioren mit Hörstörungen mieden mittlere bis starke körperliche Aktivitäten im gleichen Ausmaß wie hörgesunde Senioren, die 7,28 Jahre (3,19 bis 11,37 Jahre) älter waren. Ihre leichten körperlichen Aktivitäten entsprachen einem um 5,84 Jahre (1,45 bis 10,23 Jahre) höheren Alter. Bei der Fragmentierung der körperlichen Aktivitäten war das biologisches Alter und 10,53 Jahren (2,89 bis 11,16 Jahre) erhöht.
Eine Querschnittstudie kann nicht beweisen, dass die Hörstörungen tatsächlich für die körperliche Inaktivität verantwortlich ist. Möglich bleibt, dass die Hörstörungen nur ein Aspekt der Gebrechlichkeit im Alter ist und dass es andere Gründe für den zunehmenden Bewegungsmangel gibt./rme
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