Medizin

Studie: Viele Geburtsfehler erhöhen das Krebsrisiko bis ins Erwachsenenalter

  • Mittwoch, 30. Dezember 2020
/Giovanni Cancemi, stock.adobe.com
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Bergen/Norwegen – Kinder, die mit chromosomalen Abweichungen oder schweren Fehlbildungen geboren werden, erkranken bis ins Erwachsenenleben häufiger an Krebs. Das Risiko nimmt nach den Ergebnissen einer Fall-Kontroll-Studie im britischen Ärzteblatt (BMJ, 2020; DOI: 10.1136/bmj.m4060) allerdings mit zunehmendem Alter ab.

Ein erhöhtes Krebsrisiko von Kindern mit schweren Fehlbildungen war bereits in früheren Studien aufgefallen. Besonders deutlich ist dies bei chromosomalen Abweichungen wie dem Down-Syndrom.

Eine im letzten Jahr in JAMA Oncology (2019; DOI: 10.1001/jamaoncol.2019.1215) veröffentlichte Analyse von US-Registern kam zu dem Ergebnis, dass Kinder mit chromosomalen Abweichungen 11,6 Mal häufiger an Krebs erkranken, bei den nicht-chromosomalen Geburtsfehlern war das Risiko 2,5-fach erhöht, wobei das Risiko mit der Zahl der Fehlbildungen anstieg. Kinder mit 4 oder mehr schweren Geburtsfehlern erkrankten 5,9-fach häufiger an Krebs.

Skandinavische Forscher haben jetzt das Risiko bis ins Erwachsenenalter hinein untersucht. Dies ist möglich, weil die Länder bereits seit vielen Jahrzehnten Fehlbildungen in ihren Geburtsregistern erfassen und die Personen dort mit den gleichen persönlichen Identifikationsnummern geführt werden wie später in den Krebsregistern.

Dagrun Daltveit von der Universität in Bergen und Mitarbeiter konnten deshalb leicht ermitteln, ob die 62.295 Personen, die in den 4 nordischen Ländern im Alter von bis zu 46 Jahren an Krebs erkrankt sind, häufiger als 724.542 zufällig ausgewählte Personen gleichen Alters aber ohne Krebsdiagnose, mit einer Fehlbildung geboren wurden.

Die Analyse ergab, dass 3,5 % der Krebskranken, aber nur 2,2 % der Kontrollen einen schwerwiegenden Geburtsfehler aufwiesen. Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, war nach den Berechnungen der Forscher um 74 % (Odds Ratio 1,74) erhöht.

Wie in der US-Studie war das Risiko bei Menschen mit Chromosomenanomalien am höchsten (Odds Ratio 5,53). Menschen mit Down-Syndrom erkranken 6 Mal häufiger bis zum Alter von 46 Jahren an Krebs (Odds Ratio 6,08). Die Chromosomenanomalien erhöhen vor allem das Risiko von Lymphomen und Leukämien. Das Risiko auf eine akute myeloische Leukämie war 88-fach erhöht.

Bei Menschen mit nicht-chromosomalen Geburtsfehlern war das Risiko nicht so deutlich erhöht (Odds Ratio 1,54). Am höchsten war es nach einer Geburt mit komplexen genetischen Syndromen/ Mikro­deletionen (Odds Ratio 5,44) und bei Fehlbildungen des Nervensystems (Odds Ratio 4,76) sowie bei Knochenfehlbildungen (Odds Ratio 3,34). Die Folge sind hier eher Karzinome, häufig in Nieren und Leber. Aber auch Lymphome treten öfter auf als bei Menschen ohne angeborenen Fehlbildungen.

Das Risiko geht mit zunehmendem Alter langsam zurück. Bei nicht chromosomalen Geburtsfehlern betrug die Odds Ratio im Alter bis 14 Jahre noch 2,03. Im Alter von 15 bis 19 Jahren fiel sie auf 1,58 und im Erwachsenenalter (bis 46 Jahre) auf 1,21.

Bei den Chromosomenanomalien kam es zu einem Rückgang der Odds Ratio von 11,3 bei Kindern auf 1,50 bei Erwachsenen.

rme

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