Medizin

Überlebende von Krebserkrankungen in der Kindheit leiden häufig unter Folgen der Behandlungen

  • Montag, 3. Januar 2022
/LIGHTFIELD STUDIOS, stock.adobe.com
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London – Die Heilungschancen von Krebserkrankungen sind im Kindes- und Jugendalter am höchsten. Die Patienten müssen jedoch lebenslang mit den Folgen der Behandlung leben, wie eine Analyse von Krankenakten in Lancet Regional Health – Europe (2021; DOI: 10.1016/j.lanepe.2021.100248) zeigt.

Kinder, die ihre Krebserkrankung 5 Jahre überlebt haben, gelten im Allgemeinen als geheilt. In der „Clinical Practice Research Datalink“ (CPRD), die in Großbritannien die Daten von Hausarztpatienten sammelt, lag der Anteil bei Patienten, die vor dem 25. Lebensjahr an Krebs erkrankt waren, bei 85 %.

Ein Team um Alvina Lai vom University College London hat untersucht, ob die Kinder nach dem 5. Jahr häufiger als andere Gleichaltrige in medizinischer Behandlung sind und wenn ja, wegen welcher Störungen.

Die höchste Krankheitslast hatten die Überlebenden von Leukämien. Bis zum Alter von 35 Jahren waren 23,52 von 100 wegen verschiedener Störungen in Behandlung. Am niedrigsten war die Krankheitslast mit 6,04 bei Überlebenden von Keimzelltumoren. Aber auch sie waren doppelt so häufig in ärztlicher Behandlung wie eine Kontrollgruppe von jungen Erwachsenen ohne Krebserkrankungen in der Vorge­schichte. Dort betrug die Krankheitslast 3,99.

Wenn die Überlebenden das 45. Lebensjahr erreichten, war die Krankheitslast durch immunologische Erkrankungen und Infektionen am höchsten (3,27), gefolgt von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (3,08).

Die Krankheitslast wurde stark durch die frühere Behandlung beeinflusst. Die geringsten Auswirkungen hatte eine Operation. Am höchsten war die Krankheitslast nach einer Chemo- und Strahlentherapie. Diese Patienten wurden am häufigsten in Krankenhaus behandelt. Die Krankheitslast betrug hier 10,43 bis zum Alter von 45 Jahren.

Bei der Chemotherapie bestimmte die Wahl der Medikamente die Krankheitslast. Am höchsten war sie nach dem Einsatz von Antimetaboliten, am niedrigsten nach der Gabe von Antitumorantibiotika.

Patienten, die eine Chemo- oder Strahlentherapie erhalten hatten, waren bis zum Alter von 45 Jahren mehr als doppelt so oft im Krankenhaus behandelt worden wie Patienten, deren Krebs durch eine Operation entfernt werden konnte. Die Häufigkeit von Hausarzt- oder Krankenhausbesuchen im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen war nach einer Chemo- oder Strahlentherapie sogar 7-fach erhöht.

Bei der Chemotherapie und der Radiotherapie stieg mit der Dosis auch das Risiko auf eine erneute Krebserkrankung. Die Tumore waren dann häufiger besonders aggressiv und neigten zu einem metas­tastischen Wachstum. Nach einer Chemotherapie im Kindesalter kam es besonders häufig zu Nieren­krebs. Eine hochdosierte Strahlentherapie erhöhte das Risiko auf hämatologische und auch neurolo­gische Folgekrankheiten.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren bei den Krebsüberlebenden mit einem Verlust von durchschnittlich 10 Lebensjahren verbunden. Durch Erkrankungen des Immunsystems und Infektionen gingen durch­schnitt­lich 6,7 Jahre verloren. Eine 2. Krebserkrankung verminderte die Lebenserwartung um 11 Jahre.

Soziale Faktoren beeinflussten die Folgen der Behandlung. Personen, die in ärmeren Regionen lebten, hatten die höchste Krankheitslast. Neben körperlichen traten auch psychische Erkrankungen bei den Krebsüberlebenden häufiger auf.

rme

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