Medizin

Uromodulin: Wie ein Protein aus den Nieren Harnwegsinfektionen verhindert

  • Freitag, 17. Juli 2020

Zürich – Das von den Nieren produzierte Protein Uromodulin, in der Labormedizin auch als Tamm-Horsfall-Protein bekannt, kann Menschen vor Harnwegsinfektionen schützen, indem es Filamente auf der Oberfläche von E. coli und anderen Bakterien bildet und diese dadurch „neutralisiert“. Dies zeigen Forschungsergebnisse in Science (2020; DOI: 110.1126/science.aaz9866).

Das Protein Uromodulin wird von den Epithelzellen der Nierentubuli gebildet und über den Urin ausgeschieden. Da es bei gesunden Menschen in größerer Menge im Urin enthalten ist, lag eine physiologische Funktion nahe. Diese könnte in einem Schutz vor Harnwegs­infektionen bestehen. Mäuse, denen das UMOD-Gen für Uromodulin fehlt, sind extrem anfällig für Harnwegsinfektionen. Menschen mit einer Variante im UMOD-Gen, die die Produktion von Uromodulin erhöht, erkranken dagegen seltener an Harnwegsinfektionen.

Ein Team um Martin Pilhofer von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich hat jetzt in einer Reihe von Experimenten herausgefunden, wie die Schutzwirkung zustande kommt.

Zunächst konnten die Forscher zeigen, dass Uromodulin an den haarförmigen Zellfort­sätzen (Pili) bindet, die sich auf der Oberfläche von E. coli befinden, dem häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen. Aufnahmen mit der Kryo-​Elektronentomografie zeigen, dass Uromodulin lange Filamente aus rund 400 Molekülen bildet. Diese haben eine fischgrätenartige Form mit einer Vielzahl von Bindungsstellen.

Die Filamente umhüllen den Erreger, der dadurch die Fähigkeit verliert, an dem Epithel der Blasenwand zu haften und eine Harnwegsinfektion auszulösen. Die Erreger werden dadurch gewissermaßen neutralisiert.

Die Studie liefert eine Erklärung dafür, warum Präparate, die den Zucker Mannose enthalten, eine unterstützende Wirkung in der Behandlung von Harnwegsinfektionen haben können.

Die neuen Einsichten könnten auch zur Entwicklung neuer Präparate führen, die die Funktion von Uromodulin nachahmen. Allerdings müssten die Präparate sorgfältig in klinischen Studien untersucht werden.

Eine Studie hat nämlich gezeigt, dass die Variante des UMOD-Gens, die die Bildung von Uromodulin fördert, gleichzeitig das Risiko auf eine salz-sensitive Hypertonie und Nierenschäden erhöht.

rme

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