Pflegers Schach med.

Lasker und Tarrasch – die Antipoden

  • Montag, 17. Dezember 2018

Noch rechtzeitig zum Ausklang des „Lasker-Jahres“ ist der erste Band einer dreibändigen Biographie zum 150. Geburtstag von Emanuel Lasker (1868–1941) im Exzelsior-Verlag erschienen, wobei der bei den Ärzteschachturnieren aufgrund seiner launigen Vorträge schon bestens bekannte Chemiker und Schachgeschichtsforscher Dr. Michael Negele, zusammen mit dem Schweizer Internationalen Meister und Schachhistoriker Dr. Richard Forster und dem Berliner Großmeister Raj Tischbierek, angesichts der riesigen Herausforderung des Lebens und der Persönlichkeit Laskers ein „Herausgebertriumvirat“ bilden.

Wegen der herausragenden Bedeutung dieses einzigen deutschen Weltmeisters, der nicht nur unglaubliche 27 Jahre lang (1894–1921) Weltmeister war (ein Rekord wohl für die Ewigkeit), sondern als veritabler Weltbürger auch lange in England, den Niederlanden, Russland und den USA lebte und – alles andere als „en passant“ – die Philosophie und Mathematik mit verschiedenen Werken und einem Theorem bereicherte, auf Englisch.

Ich will mich im Rahmen des Deutschen Ärzteblattes auf die Rivalität Laskers mit Tarrasch (1862–1934) beschränken, die vor 100 Jahren das Weltschach gemeinsam beherrschten. Der promovierte Mathematiker und Philosoph Dr. phil. Emanuel Lasker auf der einen, der „Ahnherr“ der schachspielenden Ärzte, Dr. med. Siegbert Tarrasch, auf der anderen Seite.

Deutsche und Juden beide, doch völlig unterschiedlicher Wesens- und Denkungsart. Lasker ein Kosmopolit, Tarrasch hingegen ausgesprochen deutschnationaler Gesinnung, für den das Ende der Weimarer Republik und die aufkommende Judenfeindlichkeit in seinen letzten Lebensjahren umso schmerzlicher waren. Auf dem Schachbrett glaubte der konservativ-dogmatische Tarrasch an den „wahren Weg“, die korrekten Züge, während Lasker ständig und lustvoll-ungebunden gegen diese Vorgaben verstieß.

Während freilich der „Rekordweltmeister“ Lasker außer durch seine großen Erfolge wenig zur Popularisierung des Schachs hierzulande beitrug, tat dies Tarrasch, der „Praeceptor Germaniae“, der „Lehrmeister Deutschlands“, mit seinen didaktisch so klaren Büchern neben seiner unermüdlichen publizistischen Tätigkeit sowie dem organisatorischen Engagement in seinem Nürnberger Verein sowie im Deutschen Schachbund umso mehr.

Als Tarrasch wegen seiner Praxistätigkeit aus beruflichen Gründen ein Match gegen Wilhelm Steinitz, den ersten Weltmeister der Schachgeschichte (1886–1894), ablehnte, ergriff Lasker die Gelegenheit 1894 beim Schopf und entthronte den über 30 Jahre Älteren.

Immer wieder schwankte Tarrasch zwischen Medizin und Schach hin und her, ähnlich wie der Schriftsteller Anton Tschechow hätte er schreiben können: „Die Medizin ist meine gesetzliche Ehefrau, die Literatur (bei Tarrasch Schach) meine Geliebte.“ Wobei ihm diese Geliebte besondere Freuden bescherte: „Das Schachspiel, diese wunder­bare Gabe aus dem Morgenlande, ist nicht nur das edelste und schönste aller Spiele, sondern gehört zu den größten geistigen Genüssen.“

1908 kam es schließlich zum sehnsüchtig erwarteten Wettkampf von Lasker und Tarrasch um die höchste Krone: die ersten vier Partien in Düsseldorf, die weiteren zwölf in München.

In einer erbitterten Rivalität. Tarrasch soll Lasker sogar den Handschlag vor der ersten Partie verweigert und gesagt haben: „Für Sie, Herr Dr. Lasker, habe ich nur drei Worte: ‚Schach und Matt!’“

Sprach’s und verlor das Match zur großen Überraschung aller ganz klar mit 10,5 zu 5,5 Punkten, obwohl er vorher beim Turniersieg in Ostende 1907 seine höchste Spielstärke unter Beweis gestellt und sich laut Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik in seiner Spielauffassung zur damaligen Zeit Lasker als ebenbürtig erwiesen hatte.

Doch diese Stellung aus der dritten Wettkampfpartie genoss er mit Sicherheit.

Pflegers-schach-med_Dezember 2018

(wKf4, Dd6, Ld5, Sg2, Ba2, e4;

sKh8, Dd3, Lh3, Se5, Ba6, b5, g6, h7)

Lasker als Weißer drohte Matt auf f6 und f8, doch Tarrasch kam ihm zuvor und gewann zwangsläufig die weiße Dame. Wie kam’s?

Tarrasch als Schwarzer gab mit dem Bauernopfer 1...g5+! Schach. Wegen der Folge 2.Kxe5 Dc3 matt nahm Lasker mit 2.Kxg5 diesen Bauern, gab aber nach der Springergabel 2...Sf7+! auf, weil seine Dame verloren geht: 3.Lxf7 Dxd6.

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung