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Postantibiotische Vulvovaginalkandidose: eine häufige Nebenwirkung

  • Donnerstag, 18. Dezember 2025
  • Quelle: Dr. Kade Health Care

Mit Beginn der Erkältungssaison steigt die Zahl von Antibiotika-Verordnungen – etwa bei Infektionen der oberen Atemwege oder bei Harnwegsinfekten. Parallel dazu häufen sich Fälle von Vulvovaginalkandidosen (VVC), die kurz nach einer Antibiose auftreten. Eine antibakterielle Therapie, ob systemisch oder lokal in der Vagina angewandt, gilt heute als häufigste und gut vorhersehbare Ursache einer symptomatischen VVC [1].

/Schlierner, stockadobecom
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Bei einem Pressegespräch von DR. KADE beleuchteten der Gynäkologe Prof. Dr. Werner Mendling und die Apothekerin Kirsten Hien, welche Rolle das Vaginalmikrobiom spielt – und welche konkreten Ansatzpunkte sich für Diagnostik, Therapie und Rezidivprophylaxe in der gynäkologischen Praxis ergeben.

Antibiotika als Trigger: Wenn die Schutzflora zur Sollbruchstelle wird

Die Vaginalflora gesunder Frauen wird von Laktobazillen dominiert. Über die Produktion von Milchsäure halten sie einen pH-Wert zwischen etwa 3,8 und 4,4 aufrecht und erschweren es pathogenen Keimen, sich anzusiedeln. Wird dieses Gleichgewicht gestört, kann es zu einer Dysbiose kommen – mit einem deutlich erhöhten Risiko für Vaginalpilz oder bakterielle Vaginose (BV) [2]. Antibiotika greifen dieses System an mehreren Stellen an. „So wirken Beta-Laktam-Antibiotika (z. B. Penicillin, Amoxicillin, Ampicillin, Cephalosporine) auch gegen die drei wichtigen Laktobazillenarten (L. crispatus, L. gasseri, L. jensenii) und zerstören dadurch vorübergehend das schützende vaginale Mikrobiom“, beschreibt Prof. Mendling den Effekt. Je länger die Antibiose dauert, desto größer ist das Risiko für eine nachfolgende Vulvovaginalkandidose [1, 3]. Neben systemischen Breitbandantibiotika wie Tetracyclinen werden auch verschiedene lokal wirkende Präparate mit postantibiotischer VVC in Verbindung gebracht. Laut Leitlinie haben Frauen, die bereits vaginal mit Candida kolonisiert sind, ein bis zu 33 % erhöhtes Risiko, nach einer antibiotischen Behandlung eine VVC zu entwickeln [4]. Deshalb sollte bei jeder Antibiose – insbesondere bei Patientinnen mit bekannter VVC-Anamnese – die mögliche Auswirkung auf die Vaginalflora mitgedacht werden.

Topische Antibiotika bei bakterieller Vaginose – Pilzinfektionen als häufige Folge

Besonders aufmerksam sollten Gynäkologinnen und Gynäkologen sein, wenn Frauen eine Verordnung über ein vaginales Antibiotikum gegen bakterielle Vaginose erhalten. Auswertungen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Vulvovaginalkandidose nach topischer antibakterieller Therapie deutlich erhöht ist – besonders nach Clindamycin-Gabe [2]. Auch Metronidazol, das Laktobazillen weitgehend schont, kann mit sekundären Pilzinfektionen einhergehen. Prof. Mendling sieht hier neben der Dezimierung von Laktobazillen zusätzliche Mechanismen am Werk: „Es muss auch noch andere Gründe geben, da beispielsweise nach der Gabe von Metronidazol bei bakterieller Vaginose ebenfalls vermehrt Vaginalkandidosen auftreten, obwohl Metronidazol die schützenden Laktobazillen nicht angreift. Vermutlich ist die Ursache eine bereits vor der Therapie stark gestörte Mikrobiota, deren Schutzwirkung beeinträchtigt ist.“ Für die Praxis sind Patientinnen mit BV-Therapie damit klassische Risikokandidatinnen, die über mögliche Folgeinfektionen informiert und frühzeitig auf Symptome wie Juckreiz, Ausfluss oder Brennen hingewiesen werden sollten.

Risikofaktoren erkennen – und an Prophylaxe denken

Für das Risiko, nach einer Antibiose einen Scheidenpilz zu entwickeln, spielen auch individuelle Faktoren wie die genetische Disposition eine Rolle. Zusätzlich können ein hoher Östrogenspiegel, z.B. auch aufgrund einer Hormonersatztherapie, oder eine geschwächte Immunabwehr Kandidosen fördern. Gerade bei Patientinnen, die nach Antibiotikagaben immer wieder eine VVC entwickeln, lohnt sich ein offenes Gespräch über dieses Muster und mögliche prophylaktische Optionen. In der Praxis bietet sich hier die Gelegenheit, ein begleitendes Schema für künftige Antibiosen zu vereinbaren und entsprechend zu dokumentieren.

Leitliniengerechte Akuttherapie: 3 Tage Clotrimazol

Für die Selbstmedikation hat sich die dreitägige Clotrimazol-Therapie etabliert, etwa mit der KadeFungin® 3 Kombi-Packung. Vaginaltabletten und Creme behandeln dabei gleichzeitig die Infektion sowohl vaginal als auch im äußeren Genitalbereich. Da Clotrimazol Wachstum und Vermehrung der Pilzzellen hemmt, zeigt sich meist rasch eine Symptomlinderung. Eine routinemäßige antimykotische Prophylaxe nach Antibiotikatherapie bewertet die aktuelle Leitlinie zur Vulvovaginalkandidose kritisch [4]. Bei häufigen postantibiotischen VVC-Episoden empfiehlt sie aber das frühzeitige Einsetzen eines Antimykotikums bereits während der Antibiose.

Mikrobiom stabilisieren – Laktobazillen zurückbringen

An die Akuttherapie schließt sich idealerweise die Stabilisierung des Vaginalmikrobioms an. „Das vaginale Mikrobiom kann sowohl vaginal als auch oral mit Probiotika unterstützt werden“, so Prof. Mendling. „Bei oraler Einnahme erscheinen Laktobazillen, die hinsichtlich ihrer Gattung und Art bzw. Stammspezifität für die Vaginalflora geeignet sind, etwa eine Woche nach Einnahmebeginn auch in der Vagina. Nach Beendigung der Einnahme verschwinden sie jedoch allmählich wieder. Auch Präbiotika können hilfreich sein. Das sind Stoffe, die den Stoffwechsel der Laktobazillen fördern, wie zum Beispiel Glykogen oder Inulin.“ In der Praxis kommen vor allem Präparate zum Einsatz, die auf den Wiederaufbau der Laktobazillenflora abzielen – durch eine unmittelbare Ansäuerung des Vaginalmilieus oder durch Zufuhr scheidentypischer Milchsäurebakterien, z.B. von KadeFlora®:

  • KadeFlora® Milchsäurekur (Medizinprodukt) senkt den pH-Wert in den physiologischen Bereich und schafft ein Milieu, in dem Laktobazillen wieder dominieren können.

  • KadeFlora® Milchsäurebakterien Vaginalkapseln (Arzneimittel) enthalten den scheidentypischen Stamm L. plantarum [*] P17630, der sich sehr gut am Vaginalepithel anlagert, Pathogene wie Candida albicans verdrängt [5, 6] und die Wiederherstellung des vaginalen Gleichgewichts fördert [7].

In der Beratungspraxis hat sich die aufeinander folgende Anwendung etabliert. Apothekerin Hien berichtet: „Kundinnen, die mit einer Antibiotikaverordnung zur Behandlung der bakteriellen Vaginose zu uns kommen, empfehle ich während der Antibiose die KadeFlora® Milchsäurekur anzuwenden und im Anschluss die Vaginalflora mit Milchsäurebakterien wie KadeFlora® Milchsäurebakterien Vaginalkapseln wiederaufzubauen.“ Das Schema lässt sich im Arzt-Patientinnen-Gespräch erläutern, die Präparate werden in der Apotheke bezogen. Bei häufig auftretenden Beschwerden kann die Scheidenflora mit Milchsäurebakterien stabilisiert werden.

Neu: Milchsäure jetzt in zwei Formen – Gel und Ovula

Zum Jahreswechsel wird das KadeFlora®-Portfolio um KadeFlora® Milchsäureovula erweitert. Die Vaginalzäpfchen enthalten Milchsäure in einer Hartfettgrundlage, schmelzen bei Körpertemperatur und müssen sich nicht wie Zäpfchen auf PEG [**]-Basis in der Vaginalflüssigkeit auflösen. Das kann bei vaginaler Trockenheit vorteilhaft sein. Damit stehen für die Empfehlung in Praxis und Offizin zwei Milchsäure-Darreichungsformen zur Verfügung:

  • ein Gel im Einmalapplikator für Frauen, die ein befeuchtendes Gel bevorzugen,

  • neu: Milchsäureovula für Patientinnen, die keinen Applikator wünschen oder eine reichhaltige Formulierung mit pflanzlichen Lipiden zur zusätzlichen Pflege der Vaginalhaut bevorzugen.

Beide Varianten eignen sich gleichermaßen, um das Vaginalmilieuanzusäuern und die erneute Dominanz der Laktobazillen zu fördern.


[*] Lactiplantibacillus plantarum (früher: Lactobacillus plantarum)

[**] PEG (Polyethylenglykol) ist ein Träger für Wirkstoffe. Um sich aufzulösen und diese abzugeben, benötigt er Feuchtigkeit, was bei trockener Scheide problematisch sein kann.

  1. Shukla A, Sobel JD. Vulvovaginitis Caused by Candida Species Following Antibiotic Exposure. Curr Infect Dis Rep 2019; 21(44).

  2. Pereira LC et al.: Vulvovaginal candidiasis and current perspectives: new risk factors and laboratory diagnosis by using MALDI TOF for identifying species in primary infection and recurrence. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2021; 40: 1681–1693.

  3. Spinillo A et al.: Effect of antibiotic use on the prevalence of symptomatic vulvovaginal candidiasis. AJOG. 1999; 180(1): P14–17.

  4. Vulvovaginal candidosis. Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG (S2k-Level, AWMF Registry No. 015/072, September 2020). https://register.awmf.org/leitlinien/detail/015-072.

  5. Culici M et al.: Italian journal of medical microbiology and clinical dentistry 2004: 34–41.

  6. in vitro Studie: Bonetti A et al.: Adherence of Lactobacillus plantarum P 17630 in soft-gel capsule formulation versus Döderlein's bacillus in tablet formulation to vaginal epithelial cells. Minerva Ginecol 2003; 55(3): 279–284, 284–287.

  7. De Seta F et al.: Lactobacillus plantarum P17630 for preventing Candida vaginitis recurrence: a retrospective comparative study. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2014; 182: 136–139.

mr

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