120.000 zusätzliche Stellen in Pflege nötig

Berlin – In deutschen Pflegeheimen sind nach Berechnungen des Bremer Pflegewissenschaftlers Heinz Rothgang 120.000 zusätzliche Vollzeitstellen notwendig. Nötig seien Milliardeninvestitionen. Doch es gehe nicht nur ums Geld, sagte der Gesundheitsexperte am Abend des 11. November im Interview mit tagesschau.de. Die Pflegeberufe müssten attraktiver gestaltet werden; insbesondere in der Altenpflege müsse besser bezahlt werden.
Laut Rothgang gibt es in der Bundesrepublik einen doppelten Pflegenotstand: Einerseits könnten schon jetzt 20.000 bis 30.000 vorhandene Stellen nicht besetzt werden. „Im Pflegeheimbereich haben wir fünf offene Stellen für Fachkräfte auf jeden Bewerber. Der Markt ist komplett leer gefegt.“
Darüber hinaus aber gebe es im Pflegebereich viel zu wenige Stellen, sagte der Wissenschaftler, der im Auftrag der Bundesregierung ein Instrument zur Personalbemessung in der Pflege entwickelt hat. Notwendig seien gut ein Drittel mehr Pflegekräfte in Pflegeheimen, um die Voraussetzungen für fachgerechte Pflege zu erfüllen.
„Wir bräuchten 120.000 zusätzliche neue Vollzeitstellen. Bei den Teilzeitquoten, die wir im Pflegebereich haben, wären das über 200.000 Köpfe. Das ist die Dimension, über die wir reden.“ Zugleich bedeute dies zusätzliche Kosten von vier bis fünf Milliarden Euro.
Rothgang betonte, solche Veränderungen seien nicht von heute auf morgen umsetzbar, weil sich die Heime dazu organisatorisch verändern und etwa zusätzliche Ausbildungskapazitäten aufgebaut werden müssten. Auch sei das Personal noch gar nicht vorhanden.
Im Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz, das kommende Woche im Gesundheitsausschuss des Bundestags beraten werden soll, sind zunächst 20.000 zusätzliche Stellen im Pflegebereich vorgesehen.
Rothgang lobte die Eckpunkte zur Pflegereform, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) entwickelt hat. „Die gehen in die richtige Richtung“, sagte er. „Leider fehlen die nächsten Schritte zur Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens.“
Aber Spahn mache einen großen Schritt, indem er die Finanzierung vom Kopf auf die Füße stelle und den Eigenanteil der Pflegebedürftigen im Heim deckele und einen Steuerzuschuss vorsehe.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: