Politik

Ab Juli Vereinfachungen bei Strahlenschutzanträgen in klinischen Studien

  • Montag, 30. Juni 2025
/Mark Kostich, stock.adobe.com
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Berlin – Ab dem 1. Juli gelten Vereinfachungen für die strahlenschutzrechtliche Genehmigung und Anzeige bei klinischen Studien. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) will die freiwerdenden Ressourcen aktiv nutzen.

Die Neuregelungen waren Teil des Medizinforschungsgesetzes (MFG), das im Herbst vergangenen Jahres verabschiedet wurde. Auch durch eine Beschleunigung und Verschlankung der strahlenschutzrechtlichen Anträge sollen die Rahmenbedingungen für klinische Studien zur Arzneimittelentwicklung verbessert werden.

Nach dem Strahlenschutzgesetz gibt es bisher zwei verschiedene Verfahren, eines zur Anzeige und eines zur Genehmigung. Ersteres ist vor allem für radiologische Begleitdiagnostik wie Röntgenverfahren oder Computertomografie (CT) notwendig. Wenn Patienten im Rahmen einer klinischen Studie beispielsweise häufiger als sonst im Rahmen der Behandlung üblich eine CT erhalten, muss das beim BfS angezeigt werden.

Eine Genehmigung ist hingegen erforderlich, wenn neue therapeutische Verfahren in der Nuklearmedizin oder Strahlentherapie zum Einsatz kommen oder aber neue Radiopharmaka erprobt werden.

Nach Angaben des BfS handelt es sich bei 80 bis 90 Prozent dort eingereichten Anträge pro Jahr um Anzeigeverfahren. Die Gesamtzahl der Anträge – sowohl Anzeige als auch Genehmigung – sei seit Beginn des Jahrtausends massiv gestiegen, von 70 im Jahr 2001 auf zuletzt 680.

Allerdings handele es sich bei einem großen Teil der Anzeigeverfahren um Änderungsanträge, die beispielsweise bei einer Änderung des Studiendesigns oder der Aufnahme eines neuen Zentrums in einer Studie notwendig werden.

Ab Juli sollen die Anzeigeverfahren nun nicht mehr beim BfS eingereicht werden, sondern – wenn diese für die Studie zuständig ist – bei der Spezialisierten Ethikkommission, die ebenfalls gemäß dem MFG beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet wurde und heute ihre Arbeit aufgenommen hat. Bei allen anderen Studien prüft die jeweils zuständige Ethikkommission künftig sowohl die klinische Studie selbst als auch die Anzeige nach Strahlenschutzrecht.

Dabei sollen künftig auch Anzeigeverfahren für Strahlenanwendungen bei Minderjährigen möglich sein, sofern die Dosis dabei sechs Millisievert (mSv) nicht übersteigt. Zudem wurde die Frist für die Bearbeitung von Genehmigungsverfahren von 132 auf 106 Tage verkürzt. Bei Änderungsanträgen beträgt sie künftig 60 Tage.

Künftig können die Anträge für klinische Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten mit studienbedingten Strahlenanwendungen alle zentral über die betreffenden Portale CTIS und DMIDS eingereicht werden.

„Wir arbeiten schon lange daran, die Verfahren zu vereinfachen, ohne dabei Abstriche beim Patientenschutz zu machen. Von daher kam die Reform unseren Absichten entgegen“, sagte Bastian Breustedt, Leiter Abteilung Medizinischer und beruflicher Strahlenschutz beim BfS, dem Deutschen Ärzteblatt.

15 bis 20 Beschäftigte seien beim BfS mit den Anträgen betraut, darunter hauptsächlich Ärzte, die die Anträge inhaltlich prüfen, sowie Juristen, die die formale Prüfung übernehmen. Die Verlagerung der Anzeigeverfahren zur Ethikkommission werde zu einem deutlichen Rückgang der zu bearbeitenden Verfahren führen und damit Ressourcen für die immer komplexer werdenden Genehmigungsverfahren freisetzen, die neue Anwendungen wie Flash-Therapien oder neue Radiopharmaka betreffen.

„Wir wollen die freiwerdenden Ressourcen zudem nutzen, um wieder mehr vor die Verfahren zu kommen und mehr wissenschaftliche Beratung im Vorfeld anbieten zu können“, erklärte Breustedt. „Dazu erweitern wir unser Horizon Scanning, bei dem wir neue Themen und Verfahren prospektiv betrachten, um dann bei den eingehenden Anträgen schneller zu sein.“

Bereits jetzt sei das BfS dazu auch im Austausch mit Fachgesellschaften und möglichen Antragsstellern. Das solle stark ausgebaut werden, indem die BfS-Fachleute beispielsweise mehr systematische Literaturreviews durchführen und verstärkt auf Fachkonferenzen mit Forschenden in Kontakt treten. „Im Moment liegt unser Fokus eher auf radiologischer Begleitdiagnostik, wird sich aber voraussichtlich in Richtung Radioonkologie und Nuklearmedizin verschieben“, sagte Breustedt.

Die technischen Voraussetzungen für die neuen Einreichungswege der Anträge habe das BfS bereits umgesetzt und in einem Pilotverfahren getestet. Die Verkürzung der Fristen betrachte er gelassen.

„In der Regel schöpfen wir die Fristen nicht aus, aber das MFG sieht auch eine Genehmigungsfiktion vor, die den Druck auf uns erhöht. Können wir einen Antrag also nicht in 106 Tagen abschließen, gilt er zunächst als genehmigt“, so Breustedt. Umgekehrt könne nun aber bei Nachfragen an die Antragssteller auch das BfS Fristen aussprechen, deren Überschreitung zu einer automatischen Rücknahme des Antrags führe.

Die Kriterien für die Genehmigung blieben jedoch gleich. Grundfrage sei weiterhin, ob ein Verfahren geeignet ist, das gesteckte Ziel zu erreichen, und ob die eingesetzte Strahlenmenge dafür ausreichend, aber trotzdem so niedrig wie möglich ist.

„Jedes zusätzliche Risiko muss gerechtfertigt sein. Wir betrachten das aus Sicht des Patientenschutzes“, versicherte Breustedt. Die zu genehmigenden Verfahren müssten geeignet sein, einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn aus ihnen zu ziehen. Die Zahl der Probanden müsse dabei groß genug sei, um eine entsprechende Aussagekraft zu haben, aber auch klein genug, um nicht zu viele Menschen unnötig zu betreffen.

Anm. d. Red.: In einer früheren Fassung des Textes hieß es, die Spezialisierte Ethikkommission sei für alle Anzeigen nach Strahlenschutzrecht zuständig. Die betreffende Passage wurde korrigiert.

lau

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