Politik

Ärzte sollen Rückmeldungen vom Jugendamt bei Kindeswohl­gefährdungen erhalten

  • Dienstag, 23. Februar 2021

Berlin – Mit dem Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen will die Bundesre­gierung die rechtlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickeln. „Ziel ist ein wirk­sa­mes Hilfesystem, das Kinder vor Gefährdungen schützt und Familien stärkt“, heißt es in dem Entwurf, der gestern bei einer Expertenanhörung im Bundestag diskutiert wurde.

Der ärztliche Sachverständige Jörg Fegert, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psy­chotherapie am Universitätsklinikum Ulm, betrachtet den Entwurf für ein Kinder- und Jugendstär­kungs­ge­setz als „riesigen Fortschritt“ – insbesondere für den Kinderschutz.

Fegert begrüßte unter anderem, dass Angehörige der Heilberufe künftig Rückmeldungen vom Jugendamt erhalten sollen, wenn sie Meldungen zu gewichtigen Anhaltspunkten auf eine Kindeswohlgefährdung dorthin übermittelt haben.

„Gerade in der Coronapandemie haben Ärztinnen und Ärzte bei Anfragen an der Medizinischen Kinder­schutzhotline immer wieder einen kompletten Blindflug beklagt“, sagte er. Sie hätten bei einer entspre­ch­enden Meldung keine Rückmeldung vom Jugendamt erhalten und nicht wissen können, ob lokal über­haupt Hilfen zur Verfügung gestellt werden und ob wie üblich im Kinderschutz gehandelt werde.

Grundsätzlich seien aber etwaige Meldepflichten für Angehörige der Heilberufe „unsinnig und kontra­in­diziert“, so Fegert. Überall dort, wo Pflichten eingeführt wurden, seien die Meldungen zurückgegangen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe mit wichtigen Akteuren im Kinderschutz auszubauen und zu verbessern. So wird die Mitverantwortung der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt, und die Kooperation zwischen Ärzten sowie Angehö­ri­gen anderer Heilberufe und dem Jugendamt verbessert.

Auch das Zusammenwirken von Jugendamt und Jugendgericht, Familiengericht und Strafverfolgungs­behörden sowie anderen Akteuren im Kinderschutz, wie etwa Lehrern, will die Bundesre­gierung mit dem Gesetz verbessern.

Begrüßenswert ist laut Kinder- und Jugendpsychiater Fegert auch der vorgesehene interdisziplinäre Ansatz, wonach die Person, die dem Jugendamt Daten übermittelt, wenn gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vorliegen, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung beteiligt werden soll. „Das kann die Meldebereitschaft von Angehörigen der Gesundheitsberufe gegenüber der Jugendhilfe erhöhen,“ sagte der Kinderschutzexperte.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Kinder- und Jugendstärkungsgesetz sieht weiter unter anderem vor, dass Eltern bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie einen Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung ihrer Beziehung zum Kind erhalten sollen.

Kinder und Jugendliche sollen darüber hinaus einen uneingeschränkten Anspruch auf Beratung durch die Kinder- und Jugendhilfe erhalten. Dazu ist geplant, Ombudsstellen gesetzlich zu verankern, um die Beteiligung junger Menschen und ihrer Eltern zu stärken.

PB

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