Bund erneut zu Zahlungen an Maskenlieferanten verurteilt

Berlin – Im Streit um nicht bezahlte Atemschutzmasken während der COVID-19-Pandemie hat der Bund erneut eine Schlappe erlitten. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) verurteilte ihn gestern in zweiter Instanz zur Zahlung von fast einer Millionen Euro an einen chinesischen Hersteller (Aktenzeichen: 8 U 46/23).
In dem Fall hatte der Bund 2020 bei einem chinesischen Unternehmen aus Shanghai 213.840 Masken Preis von 962.280 Euro – also für 4,50 Euro pro Stück – bestellt, wie das OLG auf Anfrage des Deutschen Ärzteblatts erklärt. Allerdings verweigerte der Bund Annahme und Bezahlung unter Verweis auf eine nicht eingehaltene Lieferfrist.
Das war rechtswidrig, wie der 8. Senat des Gerichts gestern entschied. Denn es habe sich nicht um ein sogenanntes absolutes Fixgeschäft gehandelt. Auf ein solches hätten sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) jedoch bezogen, die dem Kaufvertrag zugrunde lagen.
Die nicht eingehaltene Lieferfrist war demnach kein hinreichender Grund, um vom Kaufvertrag zurückzutreten. Da keine groben Vertragsverletzungen vorlagen, hätte der Bund dem Anbieter vielmehr Nachfristen setzen müssen.
Bereits im Juli vergangenen Jahres war der Bund zur Zahlung von rund 86 Millionen Euro an eine Handelsfirma wegen nicht beglichener Maskenrechnungen verurteilt worden. Anders als in diesem Fall griff diesmal jedoch das sogenannte UN-Kaufrecht nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG), da der Händler im nicht europäischen Ausland sitzt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zwar wurde eine Revision nicht zugelassen, der Bund kann aber noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) einreichen. Nach Angaben des OLG sind zudem noch mehr als 70 weitere Verfahren wegen mutmaßlich nicht vertragstreu bezahlter Maskengeschäfte des Bundes anhängig.
Unter Jens Spahns (CDU) Leitung hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) 2020 in einem sogenannten Open-House-Verfahren Millionen Masken zu festen Konditionen geordert. Später hatte das Ministerium dann versucht, von zahlreichen Verträgen zurückzutreten und dabei auf verspätete Lieferungen oder angebliche Qualitätsmängel verwiesen.
Die Gesamthöhe der von den klagenden Unternehmen beträgt dem Vernehmen nach rund 2,3 Milliarden Euro, einschließlich Zinsen könnten damit Zahlungen von bis zu 3,5 Milliarden Euro entstehen.
„Die bisherigen sowie die potenziell noch entstehenden Kosten sind bereits erschreckend hoch, und die Steuerzahlenden tragen die Last“, kritisiert die Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta (Grüne). Die Aufarbeitung der Maskenbeschaffung müsse deshalb unabhängig von der zukünftigen Besetzung des BMG konsequent weitergehen.
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