Politik

Bundespräsident kritisiert „Querdenker“ für Grenzüber­schreitungen

  • Dienstag, 10. November 2020
/picture alliance, Sebastian Kahnert
/picture alliance, Sebastian Kahnert

Leipzig – Die massenhafte Missachtung der Coronaregeln bei der „Querdenken“-Demons­tra­­tion in Leipzig sorgt weiter für scharfe Kritik. „Rücksichtslosigkeit ist kein Freiheits­recht“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier heute in Berlin.

„Wo einige Zehntausend Menschen die Auflagen missachten, die Regeln verspotten und weder auf Abstand achten noch Masken tragen, da werden Grenzen überschritten.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) forderte ein härteres Vorgehen bei Verstößen auf Coronademos. In Sachsen geht derweil die Diskussion um Konsequenzen aus dem „Querdenken“-Samstag weiter.

Das Demonstrationsrecht sei ein hohes Gut, betonte Steinmeier zum Auftakt einer Ge­sprächsrunde mit COVID-19-Erkrankten, die inzwischen wieder genesen sind. Die Gesell­schaft müsse sich über Mittel und Wege der Pandemiebekämpfung öffentlich auseinan­dersetzen. Demonstrationen müssten möglich sein.

„Aber die Demonstrationsfreiheit ist nicht die Freiheit zur Gefährdung anderer. Wer sich nicht an die Regeln hält, ignoriert, dass er andere Menschen einem Risiko aussetzt. Es geht eben nicht nur um die Freiheit ohne Maske. Sondern es geht auch um die Freiheit von Anderen.“

Zugleich müsse die Politik die Sorgen der Menschen in der Coronakrise ernst nehmen. Das tue sie. Das gelte auch für die berechtigten Sorgen um Wirtschaft und Arbeitsplätze, sagte Steinmeier. Allerdings schade es auch der Wirtschaft, wenn sich das Virus unge­hindert verbreiten könne. „Ohne ein gesundes Land gibt es keine gesunde Wirtschaft.“

Lambrecht plädierte für ein konsequentes Durchgreifen. Wenn Demonstrationen statt­fin­den, aber klar ist, dass gegen Auflagen verstoßen wird, dann müsse zügig und konse­quent aufgelöst werden“, sagte die SPD-Politikerin im RTL/n-tv „Frühstart“. Nur so seien die Coronaeinschränkungen in anderen Bereichen zu rechtfertigen.

„Wie soll ich denn jemandem erklären, dass die Hochzeitsfeier aufgelöst wird, weil man sich nicht an Auflagen hält, aber bei Demonstrationen lässt man es laufen?“ Auch Angrif­fe auf Polizisten und Journalisten wie in Leipzig seien inakzeptabel.

Am Samstag hatten sich in Leipzig mindestens 20.000 „Querdenker“ versammelt. Nach Auflösung der Kundgebung zogen die Menschen über den Leipziger Ring. Obwohl Auf­züge derzeit gemäß Coronaschutzverordnung gar nicht erlaubt sind, ließ die Polizei die Menge gewähren. Am Ende tanzten Menschen in der Innenstadt – von Abstand und Mas­ken war nichts mehr zu sehen. An Polizeisperren gab es Rangeleien, es flog Pyrotechnik. Zudem wurden Journalisten attackiert.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius warnte vor einer Radikalisierung von Coro­naleugnern. „Der Einfluss von Rechtsextremisten auf die Szene und die Demon­strationen gegen die Coronamaßnahmen kann nicht wegdiskutiert werden und er darf nicht unter­schätzt werden“, sagte der SPD-Politiker.

Zwar seien nicht alle, die gegen die Coronamaßnahmen auf die Straße gingen, Neonazis und Rechtsextremisten. Aber sie machten sich immer wieder, ob sie es wollten oder nicht, mit Rechtsextremisten gemein, die mit ihnen Seite an Seite demonstrierten.

In Sachsen wurde heute über Konsequenzen beraten. Ministerpräsident Michael Kretsch­mer (CDU) wollte in der Landesregierung eine Begrenzung von Demonstrationen auf ma­xi­mal 1.000 Teilnehmer vorschlagen.

Bislang sieht die sächsische Corona­schutzverordnung bei Versammlungen keine Be­schrän­­kungen vor. Nur das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ist „verpflichtend“. Am Samstag trugen laut Polizei 90 Prozent der Demoteilnehmer keine Maske.

dpa

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