Bundesrechnungshof kritisiert zu geringe Finanzbeteiligung der Länder an der Krankenhausreform

Berlin – Für die Umstrukturierung der Kliniken im Zuge der Krankenhausreform sollten die Bundesländer mehr Geld bezahlen als bislang vorgesehen. Das rät der Bundesrechnungshof (BRH) in einem aktuellen Bericht über die Prüfung „Corona-Versorgungsaufschlag in Konkurrenz mit weiteren Unterstützungsleistungen für Krankenhäuser“. Hinsichtlich des Transformationsfonds brauche es entsprechende Nachbesserungen, heißt es darin.
Der Transformationsfonds soll eine finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser in Deutschland im Rahmen der Krankenhausreform bieten. Zwischen 2026 bis 2035 sollen bis zu 50 Milliarden Euro für Umstrukturierungen, Kooperationen und benötigte Neubauten von Kliniken bereitstehen.
Bislang soll die Hälfte jeweils von den Bundesländern und aus dem Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt werden. Letzteres soll künftig aber durch Bundesmittel, beziehungsweise aus Mitteln des Sondervermögens Infrastruktur ersetzt werden. Das sieht der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung vor. Eine entsprechende gesetzliche Änderung steht aber noch aus.
Der Bundesrechnungshof kritisiert nun, dass der Fonds eine zu geringe Finanzierungsbeteiligung der Bundesländer vorsieht. Die Bundesländer sind zwar zur mindestens hälftigen Kofinanzierung verpflichtet.
„Sie müssen sich im Übrigen aber nur verpflichten, künftig Mittel für die Investitionsförderung der Krankenhäuser bereitzustellen, deren Höhe wenigstens dem durchschnittlich ausgewiesenen Haushaltsvolumen der Jahre 2021 bis 2023 entspricht“, kritisiert die Bundesbehörde. Diese Formulierung schreibe die vielfach kritisierte, unzureichende Krankenhausfinanzierung seitens der Länder fort.
Fehlende Finanzierung der Bundesländer
Gemeint ist damit, dass die Bundesländer in den vergangenen Jahren deutlich zu wenig Geld in die Erhaltung und Modernisierung von Krankenhausinfrastrukturen gesteckt haben. Laut Berechnungen des Deutschen Ärzteblattes gaben die Bundesländer von 2014 bis 2021 bundesweit jeweils weniger als die Hälfte der notwendigen Investitionsmittel ab.
Insgesamt fehlte es an 17,4 Milliarden Euro für diesen Zeitraum. Für die Finanzierung der Krankenhausinfrastruktur sind laut Gesetz die Länder zuständig, für die Betriebskosten sind Bundesmittel, beziehungsweise die Finanzierung über die Krankenkassen vorgesehen.
Mit der festgelegten Regelung werde den Ländern die Möglichkeit eröffnet, die Unterfinanzierung der Krankenhäuser fortzuführen und dennoch Bundesmittel aus dem Transformationsfonds zu erhalten. „Der Bundesrechnungshof hält dies für verfehlt.“
Um dieses Problem zu lösen, müsse sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bemühen, die Förderkonditionen des Transformationsfonds nachzubessern, empfiehlt der Bundesrechnungshof. In der Krankenhausreform fehle zudem ein entsprechender Hebel, um die unzureichende Investitionskostenfinanzierung durch die Länder zu beheben. Sollte es dem BMG nicht gelingen, die Förderkonditionen nachzubessern, werde das „Fehlverhalten der Länder für die Zukunft zementiert“.
Angesichts der weiter ansteigenden Kosten im Gesundheitssystem und den unter Druck stehenden Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) müsste aber für effiziente Versorgungsstrukturen gesorgt und die Ziele der Krankenhausreform konsequent weiterverfolgt werden.
Mittel aus Sondervermögen dürfen nur für Infrastruktur ausgegeben werden
Weiter kritisierte der Bundesrechnungshof, dass Geld aus dem Sondervermögen Infrastruktur entnommen werden soll, um Betriebskostenlücken der Kliniken aus vergangenen Jahren zu schließen. Der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung sieht vor, die „Lücke bei den Sofort-Transformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023“ entsprechend zu finanzieren.
In einem ersten Entwurf des Vertrages war diese Finanzierung lediglich für bedarfsnotwendige Krankenhäuser vorgesehen, diesen Zusatz hatten die Koalitionäre jedoch wieder gestrichen. Rund vier Milliarden Euro hatte die schwarz-rote Regierung in dem ersten Entwurf dafür vorgesehen.
„Der Bundesrechnungshof warnt davor, den Umsetzungsdruck der Krankenhausreform durch ergänzende Leistungen des Bundes zu beeinträchtigen“, kritisiert die Bundesbehörde. Von einer Leistung an nicht bedarfsnotwendige Krankenhäuser sollte Abstand genommen werden.
Ein Mitteleinsatz aus dem Sondervermögen Infrastruktur müsse auf Investitionen in die Infrastruktur beschränkt bleiben und „darf nicht dazu missbraucht werden, Lücken bei den Betriebskosten der Krankenhäuser zu schließen“, heißt es weiter.
Rechnungshof zerpflückt Coronahilfen für Krankenhäuser
Der BRH kritisierte in dem Report auch die Coronazuschläge für Krankenhäuser des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU). Die Leistungen seien unwirtschaftlich gewesen, hätten keine nachhaltige Wirkung gehabt und seien auf keine validen Belastungsdaten gestützt gewesen.
Von November 2021 bis zum Juni 2022 erhielten Krankenhäuser auf Initiative des Bundesgesundheitsministeriums einen Versorgungszuschlag zusätzlich zur regulären Vergütung für die stationäre Behandlung der Patienten.
Ziel war es, Krankenhäuser zu unterstützen, deren interne Arbeitsabläufe durch ansteigende Behandlungszahlen von COVID-19-Patienten belastet waren. Zudem wollte das BMG einen Anreiz für die Krankenhäuser zur Versorgung dieser Patienten setzen, und zwar unabhängig davon, ob die Infektion Anlass für die Aufnahme in das Krankenhaus war.
Insgesamt 3,1 Milliarden Euro wurden dafür ausgegeben, laut BRH bis zu 9.507,60 Euro je Patient. Diese Summe hätten die Häuser zusätzlich zu den regulär abgerechneten Behandlungskosten erhalten, die im Jahresdurchschnitt 2022 6.796 Euro betragen hätten.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zahlte die Beträge aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds unverzüglich an das jeweilige Land aus, in dem das Krankenhaus seinen Sitz hat. Der Bund erstattete dann den Betrag dem Gesundheitsfonds.
In einem Bericht an den Haushaltsausschuss kritisiert der BRH nun „gravierende strukturelle Fehler“ der Maßnahme: „Die Bemessung des Versorgungsaufschlags überzeugt nicht, seine Inhalte ließen sich nicht klar von anderen Geldleistungen abgrenzen, seine Wirkung ist nicht evaluiert. Für die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen fehlten verbindliche Regelungen“, schreiben die Rechnungsprüfer.
So habe das BMG den Aufschlag ohne eine belastbare Datengrundlage kalkuliert. Auch sei bei der Bemessung weder berücksichtigt worden, inwieweit etwaige pandemiebedingte Erlösrückgänge bereits durch andere Maßnahmen ausgeglichen wurden, noch inwieweit tatsächlich Mehrausgaben bei den Krankenhäusern anfielen.
Die Förderung bewerte der Rechnungshof als „planlos und abgekoppelt von tatsächlichen Bedarfen“.
Hinzu käme, dass parallel zahlreiche weitere Unterstützungsleistungen in Milliardenhöhe gewährt worden seien – allein 4,1 Milliarden Euro für die Freihaltepauschale. Deren Summe für ein Krankenhaus habe sich dabei nicht nach tatsächlich freigehaltenen Betten bemessen, sondern vom Bettenleerstand unabhängig von dessen Grund.
Der Versorgungsaufschlag hingegen sollte Anreize dafür setzen, dass Krankenhäuser unter erschwerten Coronabedingungen tatsächlich Patienten behandelten. In diesen Fällen hätten die Krankenhäuser reguläre Behandlungsentgelte bezogen, deren Ausbleiben durch die Freihaltepauschale gerade ausgeglichen werden sollte.
Den Versorgungsaufschlag hätten sie „on top“ erhalten, kritisiert der BRH: „Eine derartige gesetzliche Konstruktion ist nach Überzeugung des Bundesrechnungshofes in der Gesamtschau fragwürdig und im Ergebnis sachlich weder gerechtfertigt noch wirtschaftlich.“
Zudem hätten die Krankenhäuser in den Jahren 2020 bis 2023 1,1 Milliarden Euro als Zuschläge für nachgewiesene coronabedingte Mehrkosten, 2,9 Milliarden Euro als Zusatzentgelt für Coronatestungen sowie weitere Unterstützungen durch den Erlösausgleich erhalten. Für diesen hätten die Häuser ihre Erlöse aus Freihaltepauschalen nur zu 85 Prozent und aus Versorgungsaufschlägen nur zu 50 Prozent anrechnen lassen müssen.
Der BRH halte es „im Ergebnis für nicht sachgerecht, unterschiedliche Leistungsinstrumente aufzusetzen, die sich überschneidende Zwecke verfolgen“. Die Anrechnungen betrachte er als unzureichend. „Anrechnungen sollen grundsätzlich ungerechtfertigte Mehrfachbegünstigungen verhindern. Soweit auf sie verzichtet wird, hat dies eine verdeckte Subventionierung von Krankenhäusern zur Folge.“
Wesentliche Leistungsmerkmale hätten die Rechnungsprüfer insoweit als nicht schlüssig und zu großzügig kalkuliert betrachtet. Ein wirtschaftlicher Mitteleinsatz sei mit ihnen nicht sichergestellt gewesen, hieß es.
Auch seien die Auszahlungen nicht hinreichend geprüft worden. Zwar waren die Krankenhäuser verpflichtet, die Höhe des Versorgungsaufschlags zu berechnen und den zuständigen Landesbehörden zu melden. Dabei hätten sie aber zunächst keine Nachweise vorzulegen gehabt.
Die Landesbehörden wiederum seien zwar befugt gewesen, Unterlagen von den Krankenhäusern anzufordern, hätten dafür aber keine verbindlichen Leitlinien und Prüfstandards erhalten.
Den Ländern seien vertiefte Prüfungen wegen fehlender Daten und begrenzter Kapazitäten ohnehin oft nicht möglich gewesen. „Der Bundesrechnungshof hält es für ein Versäumnis des BMG, dass es trotz hinreichender Erkenntnisse keine Verbesserungen anstieß“, heißt es im Bericht.
In der Summe hätten die Freihaltepauschalen entgegen ihrer gesetzlichen Zielrichtung in weiten Teilen nicht dazu gedient, erforderliche Betten freizuhalten. Stattdessen hätten sie vielmehr Krankenhäuser wirtschaftlich abgesichert, die durch den massiven Rückgang ihrer Belegungszahlen gefährdet waren.
Die Zweckbestimmung von Freihaltepauschale und Versorgungsaufschlag sei damit „faktisch gleichartig“ gewesen und ihr gleichzeitiger Bezug somit unwirtschaftlich. Künftig müsse nach Wegen gesucht werden, um eine zweckentsprechende Mittelverwendung flächendeckend sicherzustellen.
Auch deshalb sei es ein Versäumnis, dass bis heute keine Untersuchungen zur Auswirkung des Versorgungsaufschlags und seines partiellen Parallelbetriebs mit anderen Leistungen vorliegen. Bei eilig aufgesetzten Geldleistungen sei eine Auswirkungsanalyse unerlässlich, um Schwachstellen aufdecken und abstellen zu können.
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