Bundesregierung will Produktion von Impfstoff beschleunigen

Berlin – Die Bundesregierung will bei der geplanten zusätzlichen Produktion von Coronaimpfstoffen in Deutschland aufs Tempo drücken. So wollen die zuständigen Minister unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) morgen beraten, an welchen Stellen zusätzliche Produktion durch die Bundesregierung unterstützt werden kann.
An der Regierungsberatung zum Impfen mit der Kanzlerin sollen wegen der unterschiedlichen Zuständigkeiten Gesundheitsminister Jens Spahn, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und der Chef des Bundeskanzleramtes Helge Braun (CDU) teilnehmen, wie es hieß. Ziel sei es, zusätzliche Produktion in Deutschland möglichst zügig hochzufahren.
Spahn hatte gestern Abend im ZDF Kritik an der Impfstoffbeschaffung erneut zurückgewiesen. „Dass wir jetzt am Anfang so wenig haben, dass wir priorisieren müssen, hat nichts zu tun mit der Bestellmenge, also wie viel wir bestellt haben, sondern das hat etwas damit zu tun, dass jetzt am Anfang die Produktionskapazität knapp ist“, sagte er im ZDF. Man arbeite daran, dass die Produktion bei Biontech etwa durch ein neues Werk in Marburg hochgefahren werden könne.
Schon Anfang Februar könne dieser zweite Produktionsstandort möglicherweise zur Verfügung stehen, berichtete die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf die Regierung. Die Arbeitsgruppe mit Spahn, Altmaier, Scholz und Braun habe die Kanzlerin bereits gestern eingesetzt, so das Blatt weiter.
Das Bundesgesundheitsministerium listet in einer Aufstellung auf, wie die Impfungen beschleunigt werden könnten. Unter anderem geht es dabei um die Entnahme von sechs statt bisher fünf Dosen aus einem Fläschchen der Firma Biontech. Dazu gebe es einen offiziellen Antrag. Und es solle geprüft werden, ob es möglich ist, den zeitlichen Abstand zwischen erster und zweiter Impfung zu vergrößern.
Biontech warnt
Das deutsche Pharmaunternehmen Biontech warnte heute davor, die für eine Immunisierung notwendigen zwei Dosen seines Coronaimpfstoffs in größerem zeitlichen Abstand als vorgesehen zu geben. Es lägen keine Daten vor, die eine Sicherheit und Wirksamkeit für den Fall belegten, dass die beiden Dosen im Abstand von mehr als drei Wochen gespritzt werden, erklärte Biontech.
Zwar zeigten Daten, dass Empfänger schon zwölf Tage nach der ersten Spritze gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 teilweise geschützt seien. Es gebe jedoch keine Belege dafür, dass der Schutz durch die erste Dosis mehr als 21 Tage lang andauere. In der klinischen Studie hätten nahezu alle Probanden die beiden Dosen in diesem Abstand erhalten.
Auch die US-Arzneimittelbehörde FDA warnte heute davor, bei den bisher zugelassenen Corona-Impfstoffen von der vorgeschriebenen Verabreichung der zwei Dosen abzuweichen. „Die verfügbaren Daten unterstützen weiterhin die Verwendung von zwei festgelegten Dosen jedes zugelassenen Impfstoffs in festgelegten Intervallen“, hieß es in einer Mitteilung der FDA.
Mögliche Veränderungen in diesem Vorgehen wie die Reduzierung der Dosen oder die Verlängerung der Intervalle könnten eine Gefahr für das öffentliche Gesundheitswesen darstellen. Hintergrund seien Diskussion über Maßnahmen, die knappen Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna mehr Personen zur Verfügung zu stellen.
Die Fragen, die gestellt würden, seien zwar vernünftig, so die FDA. Änderungen bei der vorgegebenen Verabreichung könnten aber erst dann erwogen werden, wenn es dazu wissenschaftlich fundierte Daten gebe.
Angesichts der begrenzten Mengen an verfügbarem Impfstoff hatte Dänemark gestern angekündigt, die Impfdosen des Biontech-Vakzins mit bis zu sechs Wochen Abstand zu verabreichen. So sollen mehr Menschen in einem kürzeren Zeitraum zumindest eine erste Impfung erhalten.
Großbritannien hatte angekündigt, sogar bis zu zwölf Wochen zwischen den beiden Impfungen verstreichen lassen zu wollen. Auch in Deutschland wird geprüft, die zweite Coronaimpfung zu verschieben, um das Präparat zeitnah mehr Menschen verabreichen zu können.
Nach dem zögerlichen Start der Corona-Impfungen in Deutschland hat die FDP im Bundestag für die kommende Woche eine Aktuelle Stunde zur Beschaffung der Impfstoffe beantragt. „Die Bundesregierung hat den Impfstart verpatzt“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Marco Buschmann. Statt die Probleme möglichst schnell zu lösen, versuchten Union und SPD sich gegenseitig den Schwarzen Peter dafür zuzuschieben.
„Während auf den Intensivstationen das Personal um Menschenleben kämpft, kämpft in der Bundesregierung jeder gegen jeden um die beste Presse. Das ist inakzeptabel. Das Parlament darf dem nicht tatenlos zuschauen.“ Daher habe die FDP die Aktuelle Stunde beantragt. „Priorität muss die Rettung von Menschenleben und unserer Wirtschaft haben und nicht die Pressebilanz der Bundesminister“, sagte Buschmann.
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