Bundesweiter Tarifvertrag in der Altenpflege so gut wie gescheitert

Freiburg – Die Pläne für einen bundesweiten Tarifvertrag in der Altenpflege sind vorerst gescheitert. Die zuständige Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Caritas stimmte einem Antrag auf flächendeckende Einführung des von dem relativ kleinen Pflege-Arbeitgeberverband BVAP und der Gewerkschaft Verdi ausgehandelten Tarifvertrags heute nicht zu, wie die Dienstgeberseite mitteilte.
Damit kann Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Vertrag nicht wie geplant auf die gesamte Branche ausdehnen. Nötig wäre dafür die Zustimmung der beiden Kommissionen der kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie. Bei der Diakonie steht die Entscheidung erst morgen an. Nach der Ablehnung durch die Caritas kommt es darauf aber nicht mehr an.
Im Vorfeld der Entscheidung hatte sich die Arbeitgeberseite des katholischen Wohlfahrtsverbandes bereits sehr skeptisch zu dem Tarifvertrag geäußert. Die Mitarbeiterseite hatte das Vorhaben hingegen begrüßt. Für die kirchlichen Verbände, die zusammen rund 30 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege stellen, gilt ein eigenes Tarifrecht. Sie vergüten überwiegend besser.
Gleichwohl befürchteten die Dienstgeber unter anderem Auswirkungen auf das gesamte Tarifgefüge für alle rund 600.000 Caritas-Beschäftigten. Der von BVAP und Verdi ausgehandelte Tarifvertrag würde unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns um 25 Prozent bis Mitte 2023 für die rund 1,2 Millionen Beschäftigten in der Altenpflege vorsehen.
Gegen den Plan, den Vertrag flächendeckend anzuwenden, hatten sich auch die Arbeitgeberverbände und die privaten Anbieter in der Pflege gewandt. Sie werfen BVAP und Verdi vor, nur einen Bruchteil der Branche zu vertreten. Die privaten Pflegeheimträger und Betreiber von Pflegediensten hatten bereits Klagen angekündigt.
Nach der Entscheidung bei der Caritas will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) „alle Wege“ für höhere Pflegelöhne nutzen. „Heute ist ein schlechter Tag für die Pflege in Deutschland“, sagte er. „Damit sich mehr Menschen für diesen Beruf entscheiden, muss er attraktiver werden.“ Heil bezeichnete die Ablehnung als „bedauerlich“.
Wenn bei der Entscheidung der Diakonie, die für morgen erwartet wird, ein positives Ergebnis erzielt werde, könnten sich eventuell noch einmal alle Beteiligten zusammensetzen und den Weg über die Allgemeinverbindlichkeit doch noch frei machen, sagte Heil.
Zugleich kündigte Heil aber an, die Pflegemindestlohnkommission neu einzuberufen, so dass mittelfristig höhere Lohnuntergrenzen vereinbart werden können. Bisher bestehen in Ost- und Westdeutschland unterschiedliche Mindestlöhne für Pflegehilfskräfte, die bis September auf einheitlich 12,55 Euro pro Stunde steigen sollen.
Ab Juli sollen Pflegefachkräfte mindestens 15 Euro bekommen. Der bisher nicht wirksame Tarifvertrag Altenpflege von Verdi und BVAP sieht eine Erhöhung der Einkommen bis auf 18,50 Euro für examinierte Altenpflegekräfte ab Januar 2023 vor.
Heil forderte zudem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Vorlage eines Gesetzes für eine Pflegereform auch zugunsten der Pflegelöhne auf. Spahn hatte im Herbst entsprechende Eckpunkte vorgelegt und ein Gesetz angekündigt. Ein Sprecher von Spahn sagte über die Caritas-Entscheidung: „Das ist keine Entscheidung gegen bessere Bezahlung in der Pflege. Auch ohne einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag können, müssen und werden die Pflegelöhne weiter steigen.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: