Politik

Corona: Vorstoß für eine Öffnungsstrategie aus Schleswig-Holstein

  • Mittwoch, 27. Januar 2021
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. /picture alliance, Axel Heimken
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). /picture alliance, Axel Heimken

Kiel – Mit einem inzidenzbasierten Stufenplan will Schleswig-Holsteins Landesregierung den Menschen Perspektiven in der Coronapandemie aufzeigen. Er wurde gestern in Kiel vorgestellt und ist ein Vor­schlag für die auf Initiative von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) von Bund und Ländern be­schlosse­ne Arbeitsgruppe, die bis zur kommenden Ministerpräsidentenkonferenz eine Strategie vorlegen soll.

Schleswig-Holstein wolle keinen Sonderweg gehen, sagte Günther. „Ich bin aber überzeugt, dass unser Vorschlag die Blaupause für eine bundesweite Verständigung sein kann.“Das Kabinett in Kiel beschloss nach Austausch mit einem Expertengremium einen vierstufigen Plan für erste Öffnungsschritte für die Zeit ab Mitte Februar. So lange soll der Coronalockdown dauern.

„Es geht dabei nicht darum, feste Termine zu nennen“, sagte Günther. Er sprach von planvollem „Wieder­anfahren von Lebensbereichen“. Einen Automatismus für Lockerungen gibt es aber nicht. Sie sind an landesweite Inzidenzwerte gekoppelt. Zugleich kündigte der Regierungschef schärfere Kontrollen der Coronaregeln an.

Für die Jamaika-Koalition steht fest, dass erste Öffnungen im Bildungsbereich erfolgen sollen. Je nach Infektionsgeschehen sollen die Kitas am 15. Februar in den Regelbetrieb oder einen eingeschränkten Regelbetrieb gehen, wie Günther sagte. In Grundschulen soll es ab dann Wechsel- oder Regelunterricht geben. Die konkrete Entscheidung trifft die Regierung am 7. Februar.

Perspektivplan mit Lockerungen

Laut dem Perspektivplan sollen erste Lockerungen erfolgen, wenn die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen einer Woche in einem Bundesland sieben Tage lang stabil unter 100 liegt. Dann könnten wieder Treffen von fünf Menschen aus zwei Haushalten, körpernahe Dienstleistungen (Friseure) und eingeschränkter Regelbetrieb an den Kitas sowie Wechselunterricht in Schulen möglich sein.

Liegt die Inzidenz 21 Tage unter 100, ist Individualsport im Außenbereich erlaubt und auch Zoos und Wildparks dürften wieder öffnen. Bleibt die Inzidenz sieben Tage stabil unter 50, könnte der Einzel­han­del unter Auflagen wieder öffnen – das Gleiche gilt für die Gastronomie, kosmetische Fußpflege und Nagelstudios.

In Krankenhäusern und Pflegeheimen wäre wieder Besuch von zwei Personen gleichzeitig möglich, Kitas sollen dann in den Regelbetrieb gehen und die ersten sechs Schulklassen wieder Präsenzunterricht er­halten. Bleibt der Wert weitere 14 Tage unter 50, fände auch in den Schulklassen 7 bis 13 wieder Prä­senzunterricht statt.

Liegt die Inzidenz 21 Tage lang stabil unter 50, könnten laut dem Plan Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze wieder öffnen, in der Gastronomie gäbe es keine Beschränkung der Gästezahl mehr, The­ater und Kinos würden für einzelne Schulkohorten öffnen. Der Besuch im Fitnessstudio wäre wieder möglich, wenn auch mit begrenzter Kapazität.

Liegt die Inzidenz sieben Tage stabil unter 35, sollen Treffen von zehn Menschen mehrerer Haushalte möglich sein, Schulen in den Regelbetrieb gehen, an Hochschulen wieder Lehrveranstaltungen in Ko­horten erfolgen. Auch Bars und Kneipen dürften dann wieder öffnen. Gleiches gilt für Hallen- und Spaß­bäder sowie Saunen. Theater, Kinos und Konzerthäuser würden wieder der Allgemeinheit offen stehen. Im Breitensport wäre sogenannter Kontaktsport nach 21 Tagen wieder erlaubt.

Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sprach von einem „Fahrplan, der Hoffnung und Orientierung geben soll“. Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) betonte, dass die Menschen auch Hoffnung bräuch­ten. „Es ist nicht immer nur hilfreich, die Welt noch dunkler zu malen.“

Oppositionsführer Ralf Stegner (SPD) begrüßte die von der Regierung vorgestellte Inzidenzampel. „Grund­­sätzlich bleibt es für uns dabei, dass die Systematik der Vorschläge vom Kopf auf den Fuß gestellt werden sollte.“ Nötig seien keine Erklärungen für Lockerungen, sondern plausible Begründungen für Einschränkungen.

„Denn der Staat gewährt Grundrechte nicht nach Gutdünken, sondern muss ihre Einschränkungen zu jedem Zeitpunkt solide begründen können.“ Alle Maßnahmen müssten faktenbasiert, verhältnismäßig und effektiv sein. „Wenn es gelingen sollte, das Prinzip der Coronainzidenzampel bundesweit zu etablie­ren, wäre dies ein großer Fortschritt.“

CDU-Landtagsfraktionschef Tobias Koch stellte klar, dass eine komplette Öffnung bei den Corona­schutz­maßnahmen bis Ostern derzeit nicht vorgesehen sei. Die Infektionslage bleibe auch wegen der Virus­mutationen unsicher. Im Falle dynamischer Aufwärtsentwicklungen könnte es dann Mitte Februar noch keine Lockerungen geben.

Wie die Union hält auch die FDP Lockerungsschritte noch vor April für denkbar. Die Regierung zeige für verschiedene Bereiche realistische Perspektiven auf, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christopher Vogt.

„Ich freue mich sehr, dass es uns als Jamaika-Koalition gelungen ist, hierfür den bundesweit ersten Aufschlag zu machen.“ Ebenso wie seine Grünen-Kollegin Eka von Kalben betonte er die Notwendigkeit, den Menschen konkrete Perspektiven dafür aufzuzeigen, wenn die Infektionszahlen bestimmte Werte unterschreiten.

dpa

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