Datenpanne: Hersteller gewährt mehr als 99 Prozent Rabatt auf Generika

Berlin – Nach der unabsichtlichen Veröffentlichung eines Rabattes, den ein Generikahersteller dem AOK-System eingeräumt hat, hat der Verband Pro Generika heute erneut die politische Ausgestaltung von Rabattverträgen kritisiert.
Über den eingeräumten Rabatt hatte Apotheke Adhoc am Dienstag als erstes berichtet. Demnach hat die AOK vertrauliche Dokumente des indischen Herstellers Glenmark versehentlich an dessen Konkurrenz verschickt.
Auf diesem Weg sei an die Öffentlichkeit gekommen, dass „Glenmark bei zahlreichen Wirkstoffen Rabatte von mehr als 99 Prozent des Herstellerabgabepreises geboten hat“, wie Apotheke Adhoc schreibt, zum Beispiel bei dem Analgetikum Buprenorphin. Eine einzelne Tablette des hochwirksamen Betäubungsmittels koste demnach rund einen halben Cent.
Die AOK Baden-Württemberg, die die Rabattverträge für die AOK-Gemeinschaft ausschreibt, wollte sich zu dem Vorgang nicht äußern. „Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir zu abgeschlossenen wie auch zu laufenden Vergabeverfahren keinerlei Informationen zu Teilnehmern, technischen Abläufen oder verfahrensbegleitenden Maßnahmen geben können und dürfen“, sagte ein Sprecher dem Deutschen Ärzteblatt.
„Die Zahl, die Apotheke Adhoc da meldet, ist brutal. Aber sie ist Realität“, kommentierte hingegen der Geschäftsführer von Pro Generika, Bork Bretthauer. „Weil es in den Ausschreibungen nur darum geht, der Billigste zu sein, ist ein ruinöser Wettbewerb entstanden.“
Davon profitieren zwar die Krankenkassen, denn sie sparten Geld. „Wie stabil und wie nachhaltig aber kann eine Arzneimittelversorgung sein, in der Hersteller ihre Produkte quasi verschenken müssen?“, so Bretthauer.
Wenn die Politik eine stabile Versorgung wolle und es ihr wichtig sei, dass Arzneimittelproduktion auch in Europa stattfinde, dann müsse sie jetzt handeln – und ein System ändern, dessen Logik zwangsläufig dazu führe, dass sich Unternehmen permanent selbst unterbieten.
Nachdem es zu Beginn der COVID-19-Pandemie zu verschiedenen Arzneimittelengpässen in Europa gekommen war, hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt, dass die Politik finanzielle Anreize setzen wolle, um die Produktion wichtiger Wirkstoffe wieder nach Europa zu verlagern.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: