Debatte um Untersuchungsbericht zu Maskenbeschaffung

Berlin – Die Sonderbeauftragte Margaretha Sudhof sollte die Maskenbeschaffung während der Coronapandemie aufarbeiten. Ihr 170 Seiten umfassender Bericht ist fertig, aber für den Haushaltsausschuss im Parlament und die Öffentlichkeit unter Verschluss. Das sorgt für Unmut.
Eingesetzt worden war Sudhof (SPD), ehemalige Staatssekretärin im Justiz- und im Verteidigungsministerium, im Herbst des vergangenen Jahres vom ehemaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Im Fokus standen dabei Entscheidungen seines Vorgängers, Jens Spahn (CDU), der damaligen Hausleitung und den Abteilungen. Das hatte damals für Unruhe im Ministerium gesorgt.
Der Bericht ist zwar intern, aber erste Medien haben über Auszüge daraus berichtet. Der Report belastet nach Angaben von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) den heutigen Unions-Fraktionschef Spahn.
Die Vorwürfe richten sich demnach insbesondere dagegen, dass Spahn dem Logistikunternehmen Fiege aus seiner münsterländischen Heimat ohne Ausschreibung einen Auftrag zur Maskenbeschaffung im Volumen von 1,5 Milliarden Euro erteilt habe.
Dies sei erfolgt, obwohl das eigentlich für Logistikfragen zuständige Bundesinnenministerium (BMI) Spahn damals vor der Beauftragung der Firma Fiege gewarnt habe, hieß es in der Süddeutschen Zeitung. Auch im Coronakrisenstab der Regierung habe es dagegen Widerstände gegeben, über die sich Spahn hinweggesetzt habe.
Durch das Beschaffungsvorhaben, das letztlich nicht funktioniert habe, sei dem Bund mutmaßlich ein Milliardenschaden entstanden, hieß es weiter in der SZ. Viele der Masken wurden später vernichtet. Bei den Vorwürfen geht es auch um die Beschaffung von Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln.
Auf tagesschau.de hieß es zudem unter Berufung auf den internen Bericht, Spahn habe das Innenministerium erst im Nachhinein über das Vorhaben informiert. Außerdem habe er laufende Vorbereitungen im Krisenstab für einen Auftrag an die Logistikkonzerne DHL und Schenker missachtet.
Das Gutachten wurde laut tagesschau.de durch Sudhof im April 2025 fertiggestellt. Die aktuelle Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) weigert sich demnach den Bericht dem Bundestag vorzulegen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Christian Görke, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Es muss endlich offengelegt werden, welchen Mist und Schaden Spahn als Minister hinterlassen hat – und wenn es dafür einen Untersuchungsausschuss braucht. Die Bevölkerung hat das Recht zu erfahren, was mit ihrem Steuergeld geschieht.“
Die Grünen dringen ebenfalls auf die Veröffentlichung. „Der Sonderbericht zur Maskenbeschaffung ist dem Parlament unverzüglich, vollständig und ungeschönt vorzulegen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann.
„Frau Warken möchte den Bericht zur Maskenaufarbeitung unter Verschluss halten, um Jens Spahn vor dem Ende seiner politischen Karriere zu schützen“, sagte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta tagesschau.de. In der SZ warf Piechotta dem Unions-Fraktionschef vor, als Minister gezielt CDU-nahe Unternehmen aus seiner Heimatregion bevorzugt zu haben.
Unionsfraktionschef Spahn wies die Vorwürfe gegen ihn zurück. „In der Not ist Haben wichtiger als Brauchen. Das war eine Jahrhundertkrise und eine Ausnahmesituation. Es fehlte an allem. Alles war knapp. Alle haben gesagt: ,Besorgt es, koste es, was es wolle‘. Natürlich sind wir finanzielle Risiken eingegangen“, sagte der CDU-Politiker im Podcast Table.Today. Die nun veröffentlichten Details seien „seit drei oder vier Jahren bekannt“. „Das ist alles mehrfach recherchiert worden“, sagte der Fraktionschef.
Zu dem Vorwurf, dass er bei der Maskenlogistik die Firma Fiege aus der Nähe seines Wahlkreises bevorzugt habe, sagte Spahn: „Ja klar habe ich in der Notlage zuerst mit Leuten geredet, die ich kannte, um zu fragen, wer helfen kann. Und ja, wir haben alles ohne Ausschreibung gemacht. Wie hätte das gehen sollen mit einem Ausschreibungsverfahren, das drei oder sechs Monate dauert?“, sagte Spahn. „Fiege hatte damals ein fertiges Konzept für den Umgang mit der Pandemie“, sagte der CDU-Politiker.
Spahn erwartet, dass der Bericht der Sonderbeauftragten Sudhof veröffentlicht wird. „Ich bin sicher, dass das Ministerium den Bericht auswertet und transparent den Bundestag und die Öffentlichkeit darüber informieren wird. Da habe ich keine Zweifel.“
Das Verfahren, mit dem sein Ministerium damals für einen garantierten Festpreis von 4,50 Euro Masken bestellte, sieht Spahn heute kritisch. „So ein Verfahren würde ich nie wieder machen, kann ich niemandem empfehlen. Wir haben damals alle anderen Kanäle versucht. Wir wussten gar nicht, ob wir überhaupt Angebote bekommen. Teilweise kosteten Masken 30 Euro, wir wollten nichts unversucht lassen. Warum sollten wir absichtlich zu viel und zu teuer beschaffen“, fragte Spahn.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) will dem Bundestag nach eigenen Worten Informationen aus dem bislang geheim gehaltenen Untersuchungsbericht zugänglich machen. „Selbstverständlich werden wir dem Haushaltsausschuss über unsere Erkenntnisse zu den Maskenkäufen berichten“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dazu würden auch die Arbeitsergebnisse der Sonderermittlerin Sudhof herangezogen, versicherte sie.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: