Politik

Ende des Lockdowns in einem Monat laut COVID-Simulator unrealistisch

  • Freitag, 30. Oktober 2020
/violetkaipa, stock.adobe.com
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Saarbrücken – Es gibt Zweifel daran, dass ein Lockdown bis Ende November ausreichen wird, um die Coronapandemie wieder in den Griff zu bekommen. Der COVID-Simulator der Universität des Saarlandes stützt diese Annahme.

Seine Prognose: Selbst wenn es gelingen würde, „den R-Wert auf einen sehr niedrigen und derzeit äußerst unrealistischen R-Wert von 0,3 zu senken, lägen nach einem Monat immer noch knapp 20 Prozent der Stadt- und Landkreise über dem 7-Tages-Inzidenzwert von 50“.

Aktuell sei davon auszugehen, dass der Wellenbrecher-Lockdown der Bundesregierung – selbst bei rascher Umsetzung – die starke Ausbreitung von SARS-CoV-2 wahrscheinlich nur mit Verzögerung ausbremsen könne, heißt es in einer Mitteilung der Universität.

Eine Überlastung der Krankenhäuser und Intensivstationen sei nur dann noch zu verhin­dern, wenn die Reproduktionszahl drastisch gesenkt werde. Der Online-Simulator der Saarländischen Forscher liefert auf Basis umfangreicher Daten Ergebnisse für das gesam­te Bundesgebiet, aber auch auf Stadt- und Landkreisebene.

„Wir wissen aus der Entwicklung im Frühjahr, dass sich erhöhte Infektionszahlen erst mit mehrwöchiger Verzögerung auf die Belegung der Intensivstationen auswirken“, sagte Thorsten Lehr, Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes, der zusammen mit seinem Team und Forscherkollegen das mathematische Modell für den COVID-Simulator entwickelt hat.

Unabhängig davon, wie stark man durch den jetzt beschlossenen Lockdown die weitere Ausbreitung des Coronavirus ausbremsen könne, zwischen Mitte November und Anfang Dezember werde es auf den Intensivstationen zu Spitzenbelegungen kommen. „Wir gehen davon aus, dass im Dezember mindestens doppelt so viele Intensivbetten belegt sein werden wie zu Spitzenzeiten der ersten Welle“, so Lehr.

Nach Berechnungen der Wissenschaftler liegt die bundesweite mittlere Reproduktions­zahl (R-Wert) derzeit bei 1,43. Derzeit übertragen also zehn Infizierte das Coronavirus auf etwas mehr als vierzehn Personen.

Erfolg aus dem Frühjahr reicht nicht

Im Frühjahr gelang es durch den Lockdown den R-Wert auf etwa 0,6 zu drücken. Auch „wenn es uns gelingen würde, den R-wert wieder auf dieses Niveau zu drücken, würde ein Monat nicht ausreichen, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen“, erklärt Lehr.

Es gebe auch dann noch bei über der Hälfte der Stadt- und Landkreise mehr als 50 Neu­infektionen pro 100.000 Einwohner (im Schnitt der letzten sieben Tage gerechnet), warnt er. Selbst bei einem sehr niedrigen und derzeit äußerst unrealistischen R-Wert von 0,3 lägen nach einem Monat noch knapp 20 Prozent der Stadt- und Landkreise über dem 7-Tages-Inzidenzwert von 50.

„Wenn es uns nicht gelingt, die Reproduktionszahl in den kommenden Wochen deutlich zu senken, wird dies unweigerlich zu einer extremen Belastung des Gesundheitswesens im Dezember führen“, so Lehr. „Möglicherweise wird es daher Ende November noch zu früh sein, um wieder zu einem ‚normalen‘ Alltag zurückzukehren.“

nec

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