EU empfiehlt deutlich strengeren Nichtraucherschutz im Freien

Brüssel – Die Gesundheitsministerinnen und -minister der Europäischen Union (EU) haben eine gemeinsame Empfehlung für Rauchverbote im Freien ausgesprochen. Sie stimmten heute mehrheitlich für einen Vorschlag der EU-Kommission, die Rauchverbote an Spielplätzen, Bushaltestellen und in der Außengastronomie empfohlen hatte. Die Stellungnahme aus Brüssel ist allerdings nicht bindend und hat in Deutschland keine direkten Konsequenzen.
Neben Spielplätzen und der Außengastronomie sind unter anderem Freizeitparks, Schwimmbäder, Strände und Zoos, Haltestellen, Hochschulen und Open-Air-Veranstaltungen im Fokus für strengere Vorgaben. Die ungarische Ratspräsidentschaft betonte: „Die Empfehlung des Rates enthält kein obligatorisches Verbot.“ Österreichs Gesundheitsminister Johannes Rauch sagte: „Europa verbietet gar nichts. Das muss einmal festgehalten werden.“
Die Mitgliedstaaten sind selbst für ihre Gesundheitspolitik zuständig. Deutschlands Vertreter bei dem Ministertreffen, Staatssekretär Thomas Steffen, betonte, dass in der Bundesrepublik zudem viele Zuständigkeiten für das Thema bei den Bundesländern lägen. Diese hätten kritisiert, es brauche eine differenziertere Betrachtung beim Umgang mit Rauchen in der Außengastronomie.
Folgen des Passivrauchens
Welches gesundheitliche Risiko das Passivrauchen im Freien konkret berge, sei bislang zwar nicht in epidemiologischen Studien untersucht, sagte Sean Semple, Fachmann für Expositionsforschung von der britischen University of Stirling, bei einem Pressegespräch des Science Media Centers. Allerdings sei sehr gut belegt, dass auch niedrige Konzentrationen von Feinstaub der Partikelgröße PM2,5, der beispielsweise im Straßenverkehr aber auch beim Rauchen entsteht, das Risiko etwa für Lungenkrebs, Asthmaexazerbationen und Schlaganfall erhöhen. Semple verwies auf Aussagen der Weltgesundheitsorganisation, wonach es kein Maß an SHS gebe, das unbedenklich sei.
Rachel O’Donnell, ebenfalls von der University of Stirling, wies darauf hin, dass ein Rauchverbot im Freien neben gesundheitlichen auch andere positive Effekte habe. So trügen Rauchverbote im Freien zu einer Art Denormalisierung des Rauchens bei. So fingen junge Leute, die seltener mit Rauchen konfrontiert seien, seltener selbst damit an. Zudem würden Raucher seltener zur Zigarette greifen oder gar einen Aufhörversuch starten, wenn die Möglichkeiten des Rauchens beschränkt seien.
O’Donnell betonte zudem, dass insbesondere Kellnerinnen und Kellner in Außenbereichen von Bars, Kneipen und Restaurants dauerhaft mit SHS konfrontiert seien und auch diese Gruppen ein Recht auf Gesundheitsschutz hätten.
EU-Kommission: Zehntausende sterben wegen Passivrauchens
Mit ihrer Entscheidung folgen die EU-Staaten der EU-Kommission, die im September vorgeschlagen hatte, die derzeitigen Empfehlungen zu rauchfreien Zonen zu überarbeiten. Ziel ist, Menschen vor Passivrauch zu schützen und die Zahl der Krebstoten zu senken. Dabei geht es nicht nur um Zigaretten, sondern auch um den Dampf von E-Zigaretten und Tabakerhitzern.
Nach Angaben der EU-Kommission sterben in der Europäischen Union jedes Jahr 700.000 Menschen wegen Tabakkonsums – Zehntausende davon wegen Passivrauchens. „Es ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in der EU“, sagte der für Gesundheit zuständige EU-Kommissar Oliver Varhelyi.
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