Fachgesellschaften kritisieren Marktrücknahme von Krebsmedikament Alpelisib
Berlin – Das Krebsmedikament Alpelisib (Piqray) soll zum 1. Mai 2021 vom deutschen Markt genommen werden. Das hat Novartis angekündigt. Alpelisib ist seit Juli 2020 in der Europäischen Union (EU) zur Behandlung einer molekulargenetisch definierten Gruppe von Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs zugelassen.
Novartis hatte bereits am 14. April 2021 bekanntgegeben, Alpelisib vom deutschen Markt zu nehmen. Als Begründung gab Novartis an, dass es in den Preisverhandlungen mit den Krankenkassen leider nicht gelungen sei, eine angemessene Grundlage für einen zukünftigen Erstattungsbetrag zu finden.
Für das Verfahren der frühen Nutzenbewertung beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wurden fünf Subgruppen gebildet. In drei Subgruppen lautete die Festlegung „Zusatznutzen nicht belegt“, in zwei weiteren Subgruppen „geringerer Zusatznutzen“.
In einer gemeinsamen Mitteilung sprechen die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), die Deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS), die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sowie der Frauenselbsthilfe Krebs Bundesverband von einer „Lücke im Prozess der Preisbildung“, die zulasten der Betroffenen gehe.
Alpelisib ist zwar weiter in der EU zugelassen, muss aber jetzt für eine Anwendung in Deutschland aus dem Ausland importiert werden. Das führe laut den Fachgesellschaften aber zu einem größeren logistischen Aufwand, stelle besondere Anforderungen an die Aufklärung der Patientinnen und könne die kontinuierliche Versorgungskette gefährden. Patientinnen würden durch solche nicht medizinisch begründeten Entscheidungen verunsichert.
Grundsätzlich stelle aus Sicht der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften das Verfahren der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) ein funktionierendes System dar. Bei dem Verfahren zu Alpelisib seien nun aber mehrere kritische Punkte zusammen gekommen.
So führe die Behandlung mit Alpelisib zwar zur signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens, nicht aber der Gesamtüberlebenszeit. Die Verlängerung der progressionsfreien Überlebenszeit werde vom G-BA nicht als patientenrelevanter Endpunkt bewertet, im Unterschied zur Einschätzung der EMA und der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften.
Auch habe Novartis hohe Preisforderungen gestellt – hinzu kämen weitere Kosten durch die notwendige engmaschige Betreuung der behandelten Patientinnen.
Das AMNOG-Konzept funktioniere zudem nur, wenn beide Partner in den Preisverhandlungen flexibel im Interesse der Patientinnen agieren. Das setze auch auf Seiten der Krankenkassen voraus, dass sie bereit sind, die zur Verfügung stehenden Instrumente einschließlich qualitätssichernder Maßnahmen zu nutzen, so die Mahnung der Fachgesellschaften und des Selbsthilfevereins.
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