Forderungen nach baldiger Neufassung der Coronaregeln für den Herbst

Berlin – Derzeit breitet sich die Omikron-Variante BA.5 in Portugal aus und sorgt dort für einen Wiederanstieg der Fallzahlen. Auch in Deutschland wird im Jahresverlauf mit wieder steigenden Infektionszahlen gerechnet. Die Forderungen nach einer baldigen Neufassung der Coronaregeln für den Herbst mehren sich.
„Wir sollten alle miteinander versuchen, den Sommer zu genießen – aber ohne Leichtsinn mit Blick auf den Herbst“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). „Das Infektionsschutzgesetz läuft in seiner jetzigen Form im September aus. Eine Neuregelung darf nicht wieder erst im letzten Moment erfolgen.“
Rehlinger pochte auf eine schnelle Zusage des Bundes für die Finanzierung von Bürgertests über Juni hinaus. „Sonst machen die Testcenter dicht – und wir müssen uns im September erst mal darum kümmern, dass sie wieder öffnen“, warnte sie.
Auch der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hat sich angesichts neuer Coronavirusvarianten für weitere Vorsorgemaßnahmen im Herbst ausgesprochen. Im Südwestrundfunk sagte Dahmen heute, über die bereits erfolgte Vorbestellung angepasster Impfstoffe hinaus seien weitere Maßnahmen notwendig.
„Es ist so, dass die geltenden Regeln im Infektionsschutzgesetz nur bis zum 23. September die Einführung einer Maskenpflicht zulassen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag. „Das sollten wir über den September hinaus für den Herbst sicherstellen.“
Städtetagspräsident Markus Lewe betonte in den Funke-Zeitungen: „Die Experten sind sich weitgehend einig, dass spätestens im Herbst eine nächste Coronawelle auf uns zukommt.“ Niemand in den Städten wolle aktuell erneute Kontaktbeschränkungen einführen, sicherte der Oberbürgermeister von Münster zu. „Der Blick nach Portugal zeigt aber, wie schnell solche Schutzmaßnahmen wieder nötig werden können.“ Dort waren die Fallzahlen zuletzt wieder deutlich in die Höhe geschossen.
Der Warnung schloss sich der Städte- und Gemeindebund (DStGB) an: „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass im Herbst eine neue Coronawelle droht – möglicherweise mit einem mutierten Virus, das noch gefährlicher sein kann“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem RND. „Instrumente wie die Pflicht zum Maskentragen im öffentlichen Raum, Abstandsregeln und auch Kontaktbeschränkungen sowie 2G- oder 3G-Regelungen sollten unter klaren Voraussetzungen möglich sein.“
Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll (SPD), sagte den Funke-Zeitungen: „Es gilt nun alles vorzubereiten, damit genügend Schutzausrüstungen, Impfstoffe und Testmöglichkeiten vorhanden sind.“
Auf keinen Fall dürfe sich wiederholen, dass es Besuchsverbote für Pflegeheime gebe und Pflegebedürftige wochenlang in stationären Pflegeeinrichtungen oder zuhause isoliert würden. Auch alle Angebote und Therapien sowie Tages-, und Kurzzeitpflege müssten auf jeden Fall weiterhin stattfinden.
Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, sagte den Funke-Zeitungen, „möglicher angepasster Impfstoff“ müsse „in ausreichender Menge beschafft werden“. Erforderlich sei zudem eine genaue Betrachtung des Infektionsgeschehens, die den Blick nicht nur auf die Inzidenz, sondern auch auf die Hospitalisierung richte.
Überdies riet Gaß zu repräsentativen Untersuchungen zum Antikörperstatus der Bevölkerung. „Nur so wissen wir, wie gut die Bevölkerung insgesamt durch Impfungen und durchgemachte Infektionen geschützt ist.“
Die Bildungsgewerkschaft GEW und der Deutsche Philologenverband (DPhV) forderten in den Funke-Zeitungen die Möglichkeit, in Schulen wieder die Masken- und gegebenenfalls auch Testpflicht wieder einzuführen.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) schlug den Funke-Zeitungen gegenüber eine gezielte Impfkampagne für Schulkinder vor. Mit Blick auf die Ministerpräsidentenkonferenz verlangte sie zudem eine klare Absage an flächendeckende Schulschließungen. Von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erwartete sie bis „Ende Juni“ eine Evaluation der bisherigen Pandemiemaßnahmen.
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hatte kürzlich davor gewarnt, dass die zuerst in Südafrika festgestellten Omikron-Untervarianten BA.4 und BA.5 zu einem Wiederanstieg der Fallzahlen führen könnten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: