Freigabe für Astrazeneca, Impfintervall verkürzt, Impfung ab zwölf Jahren in Planung

Berlin – Bund und Länder haben sich darauf verständigt, den Coronaimpfstoff von Astrazeneca für alle Menschen ab 18 Jahren in Deutschland ab sofort freizugeben. Verkürzt werden soll auch das Intervall für die Zweitimpfung. Kinder ab zwölf Jahren sollen in Kürze geimpft werden. Das kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) heute nach Beratungen von Bund und Ländern auf Fachministerebene an.
Man habe entschieden, „die Priorisierung von Astrazenca vollständig aufzuheben“, sagte der Minister. Die Ärzte könnten nun frei und unabhängig von einer Priorisierungsvorgabe entscheiden, für wen das Vakzin das richtige sei. Nach Aufklärung könne der Impfstoff dann entsprechend verabreicht werden.
Der britisch-schwedische Hersteller war in den Schlagzeilen – obwohl Experten dessen Impfstoff Vaxzevria für gleichermaßen geeignet halten wie die Vakzine anderer Hersteller. Beim Einsatz in jüngeren Altersgruppen traten vier bis 16 Tage nach der Impfung seltene, teils tödliche Blutgerinnsel im Gehirn auf.
Das Vakzin von Astrazeneca wird daher in Deutschland von der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) grundsätzlich ab 60 Jahren empfohlen. In der Altersgruppe falle die Nutzen-Risiko-Abwägung „eindeutig zu Gunsten der Impfung“ aus. Denn mit dem Alter steige das Risiko für schwere und tödliche Verläufe. Für Jüngere ist die Impfung mit dem Präparat aber möglich – „nach ärztlicher Aufklärung und bei individueller Risikoakzeptanz durch den Patienten“, so die STIKO.
Keine Vorgabe mehr beim Intervall
Ebenso hebt der Bund das bisherige Intervall beim Impfen mit Astrazeneca auf. Bisher war die Zweitimpfung nach zwölf Wochen vorgesehen. Spahn betonte, das sei zwar der Abstand, nachdem die größte Wirksamkeit in Studien nachgewiesen worden sei. Zugelassen sei aber ein Intervall von vier bis zwölf Wochen. Das werde nun ebenfalls freigestellt und in die Hände der Ärzte gelegt.
Man schaffe damit die notwendige Flexibilität, um die Impfkampagne weiter zu optimieren, sagte der Minister. Das gelte auch im Hinblick auf die Frage, dass es für viele Menschen einen Unterschied mache, wann sie vollständig geimpft seien. Der Bundestag hatte heute beschlossen, dass eine Reihe von Coronaeinschränkungen für Genesene und vollständige Geimpfte nicht mehr gelten sollen. In den Genuss kommen aber nur vollständig Geimpfte 14 Tage nach der zweiten Impfung.
Spahn kündigte heute darüber hinaus an, dass die Bundesländer Konzepte entwickeln werden, damit Kinder ab zwölf Jahren bis Ende August ein erstes Impfangebot erhalten. Der Bund wolle die Versorgung mit dem Impfstoff dafür sicherstellen, so Spahn.
Die Pläne würden allerdings voraussetzen, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer in der Europäischen Union (EU) eine Zulassung für diese Altersgruppe erhält. Der Minister erklärte, wenn alles gut gehe, könne eine Zulassung der EU im Juni erfolgen. Darauf wolle man vorbereitet sein. Am Ende sei das auch eine Frage, ob der Schulbetrieb nach den Sommerferien wieder anlaufen könne.
Er halte es für einen „sehr wichtigen Schritt und ein Signal an die Jugend, dass sich das Durchhalten unter Pandemiebedingungen lohnt“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek als Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz heute nach den Beschlüssen. Impfungen für die zwölf- bis 18-Jährigen seien der Schlüssel zu einem geregelten Schulunterricht und zu mehr Sicherheit in der Freizeit.
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Bas, sprach von einer „überaus positiven Nachricht, die Jugendlichen und Eltern Hoffnung macht“. Sie begrüße, dass sich die Gesundheitsminister der Länder auf dieses Ziel verständigt hätten und damit beginnen würden, die Impfung von Jugendlichen vorzubereiten.
Die Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO) hatte heute noch dafür plädiert, an der Bevorzugung besonders gefährdeter Gruppen bei den Impfungen festzuhalten. Es gebe bei anhaltend hoher Impfbereitschaft einen „noch beträchtlichen Anteil an impfbereiten Personen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf, die noch keine Möglichkeit zur Impfung hatten“, hieß es.
Das betreffe viele 70- bis 79-Jährige und noch mehr 60- bis 69-Jährige – insgesamt Millionen Menschen. Auch bei jüngeren Vorerkrankten sei nur etwa ein Viertel einmal geimpft. Wenn zunehmend Impfstoff verfügbar werde, könnten in den nächsten Monaten Priorisierungsstufen regional zeitversetzt angepasst werden.
Der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens betonte, diese Erklärung beziehe sich auf die aktuelle STIKO-Empfehlung – „also auch auf Astrazeneca“. Voraussichtlich im Juni soll die Priorisierung laut Spahn in Deutschland für alle Impfstoffe aufgegeben werden.
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