Politik

Geld und Prestige: Die Entscheidung zu den Exzellenzclustern ist gefallen

  • Donnerstag, 22. Mai 2025
/picture alliance, Sven Hoppe, dpa
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Bonn/Berlin – Bundesweit wurden sie von der Wissenschaftscommunity mit enormer Spannung erwartet und von mehr als 8.500 Zuschauerinnen und Zuschauern an den Bildschirmen sowie zusätzlich im „academic public viewing“ live verfolgt: die Entscheidungen über die Exzellenzcluster für die nächsten sieben Jahre in der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Heute Nachmittag pünktlich 17 Uhr wurden sie in Bonn bekannt geben. 70 Cluster – die maximal höchstmögliche Anzahl - erhielten den Zuschlag, darunter auch viele mit medizinischen Forschungsaspekten beziehungsweise aus den Lebenswissenschaften. Verteilt sind sie auf 43 Universitäten aus 13 Bundesländern.

„Dies ist ein bedeutender Tag für die Wissenschaft in Deutschland“, sagte Falko Mohrs, diesjähriger Vorsitzender der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder (GWK) und Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kunst. Es handele sich heute um eine „Milliardenentscheidung“. Dass die Anzahl der geförderten Cluster in der zweiten Ausschreibungsrunde von 57 auf 70 erhöht wurde, sei ein Beleg für die Innovationskraft der deutschen Wissenschaft, so Mohrs.

Unter der Federführung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die den Auswahlprozess für die Exzellenzcluster organisiert, fiel heute die endgültige Auswahlentscheidung in der Exzellenzkommission, die bereits die gesamte Woche auf der Grundlage von vorangegangenen internationalen Begutachtungen über die 98 durch eine Vorauswahl eingegangene Förderanträge für neue Exzellenzcluster beraten hatte.

Neu in dieser zweiten Ausschreibungsrunde war, dass es sich um einen Wettbewerb zwischen bereits geförderten und neu beantragten Exzellenzclustern gehandelt hatte. Von den 98 zur Auswahl stehenden Förderanträgen kamen 57 von Projekten, die bereits in der ersten Wettbewerbsrunde der Exzellenzstrategie erfolgreich waren und die an 34 über Deutschland verteilten Universitäten angesiedelt sind. Sie konnten sich jetzt noch einmal bewerben. Maximal zwei Förderperioden von jeweils sieben Jahren sind möglich.

Bei den neu eingereichten Förderanträgen waren nach der Ausschreibung der zweiten Wettbewerbsrunde im Dezember 2022 zunächst 143 Antragsskizzen bei der DFG eingegangen. Aus diesen wählte das Committee of Experts nach vorangegangenen Begutachtungen im Februar 2024 insgesamt 41 Skizzen zur Antragsstellung für die zweite Förderphase ab 2026 aus. Somit standen bei dieser Runde 98 Projekte gleichzeitig zur Auswahl, von denen 28 nun nicht berücksichtigt werden können. „Die Auswahl war alles andere als leicht“, sagte diesjährige stellvertretende GWK-Vorsitzende und Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, Dorothee Bär (CSU). Auch den nicht ausgewählten Clustern gelte ihre ausdrückliche Anerkennung.

DFG-Präsidentin Katja Becker hob heute das wissenschaftsgeleitete Auswahlverfahren durch einvernehmliche Förderentscheidungen von Wissenschaft und Politik auf der Grundlage internationaler wissenschaftlicher Begutachtungen und unter ausschließlich wissenschaftlichen Qualitätskriterien hervor. Die Wissenschaftsfreiheit sei ein hohes Gut, das verteidigt werden müsse, sagte sie.

In diesem Auswahlverfahren seien alle Anträge in 32 Panels von insgesamt mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Forschern begutachtet worden, von denen rund 90 Prozent aus dem Ausland kamen, so Becker. Von den 70 dabei ausgewählten Exzellenzclustern seien 45 Fortsetzungen bereits geförderter Cluster und 25 neue Cluster. Sie kämen von insgesamt 43 Universitäten aus 13 Bundesländern. 43 der 70 Cluster würden von einer einzelnen Universität getragen, 18 von zwei und neun von drei Universitäten im Verbund. Fünf Cluster würden von Universitäten aus mehreren Bundesländern getragen. Nahezu sämtliche Cluster sehen die Beteiligung außeruniversitärer Partner vor. Die Mehrzahl wird dabei von interdisziplinären Konsortien getragen. 

Die ausgewählten Exzellenzcluster werden ab dem 1. Januar 2026 für sieben Jahre gefördert. Sie sollen das Profil der antragstellenden Universität/en deutlich schärfen und dazu eine klare Prioritätensetzung sowie Entwicklungsperspektiven erkennen lassen. Dafür bekommen sie in den nächsten sieben Jahren so viel Fördergeld wie in keinem anderen Wettbewerb. Finanziert werden Personalkosten, Sachkosten und Investitionskosten.

Konkret werden der zweiten Förderperiode Mittel in Höhe von 539 Millionen Euro jährlich für die 70 Exzellenzcluster bereitgestellt. Ab 2026 stehen in der Exzellenzstrategie insgesamt 687 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. 75 Prozent der Mittel stammen dabei vom Bund, 25 Prozent vom jeweiligen Sitzland des Exzellenzclusters beziehungsweise der Exzellenzuniversität.

Da die maximale Zahl an Clustern ausgewählt wurde und nahezu alle ausgewählten Cluster Fördermittel im oberen Bereich der möglichen Antragssumme zwischen drei und zehn Millionen Euro pro Jahr beantragt hatten, ist eine lineare Anpassung der Fördersummen notwendig. Sie werden gegenüber den Antragssummen um circa 24 Prozent abgesenkt, was in etwa vergleichbar ist mit entsprechenden Absenkungen in der ersten Wettbewerbsrunde. Bereits geförderte Cluster, die nicht fortgesetzt werden, erhalten eine degressive zweijährige Auslauffinanzierung in Höhe von 70 beziehungsweise 30 Prozent der Fördermittel.

Doch es ging heute nicht nur um das Fördergeld für die Cluster: Die Exzellenzstrategie-Förderung verläuft nämlich in zwei unterschiedlichen, aber miteinander verbundenen Förderlinien, den Exzellenzclustern und den Exzellenzuniversitäten. Von den Exzellenzclustern hängt zudem ab, welche Hochschule „Exzellenzuniversität“ wird. Eine Universität muss mindestens zwei Exzellenzcluster vorweisen können, um den Titel „Exzellenzuniversität“ beantragen zu können.

„Nach dem Meilenstein bedeutet vor dem Meilenstein“, sagte Wolfgang Wick, Vorsitzender des Wissenschaftsrates (WR), unter dessen Federführung die Auswahl der Exzellenzuniversitäten laufen wird. Mit den heutigen Entscheidungen stehe fest, dass zehn der elf geförderten Exzellenzeinrichtungen die notwendige Anzahl von mindestens zwei beziehungsweise im Fall des Exzellenzverbunds von drei Exzellenzclustern erreicht hätten. Sie erfüllten damit weiterhin die formale Voraussetzung in der Förderlinie Exzellenzuniversitäten und seien nun aufgefordert, bis zum 1. August 2025 einen Selbstbericht einzureichen. Auf dieser Grundlage würden sie von Ende September bis Dezember 2025 evaluiert.

Das Committee of Experts soll dann im März 2026 über die Weiterförderung der evaluierten Einrichtungen entscheiden und die Ergebnisse der Einzelevaluationen der Exzellenzkommission zur Bestätigung vorlegen. Im Falle eines positiven Evaluationsergebnisses beginnt für die neuen Exzellenzuniversitäten die Förderphase am 1. Januar 2027. Durch die erreichte Anzahl an erfolgreich eingeworbenen Exzellenzclustern sind zudem 15 weitere Universitäten berechtigt, einen Antrag in der zweiten Wettbewerbsrunde der Förderlinie Exzellenzuniversitäten zu stellen. Die Entscheidungen über diese Anträge in der Förderlinie Exzellenzuniversitäten sollen Anfang Oktober 2026 in der Exzellenzkommission fallen, Förderbeginn ist auch der 1. Januar 2027.

Zum Historie der Forschungsförderung: Grundsätzlich gibt es ein Programm zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen durch Bund und der Länder seit 2005/06, damals „Exzellenzinitiative“ genannt.   Sie wurde 2017/18 durch die Exzellenzstrategie abgelöst, die nur noch die Förderlinien Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten umfasst. Zuvor gab es noch die Förderlinien „Zukunftskonzepte“ und „Graduiertenschule“, die jedoch weggefallen sind.

Die neue Bundesregierung und insbesondere Forschungsministerin Dorothee Bär stünden nun in der Verantwortung, Verlässlichkeit und Planungssicherheit für Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten bis 2030 und darüber hinaus zu gewährleisten, mahnt die Opposition anlässlich der Bekanntgabe der neuen Exzellenzcluster. Nur so könnten langfristige Forschungsprojekte erfolgreich umgesetzt und Talente aus aller Welt gewonnen werden, sagte Ayşe Asar, Sprecherin für Forschung, Technologie und Raumfahrt der Grünen.

„Die Zukunft der Spitzenforschung liegt nicht nur im Wettbewerb um die besten Ideen, sondern auch in der Zusammenarbeit“, erklärte sie. Man müsse die Exzellenzstrategie konsequent weiterentwickeln, um noch mehr Kooperationen zwischen Hochschulen zu ermöglichen. Zudem müsse die erfolgreiche deutsche Exzellenzförderung auf europäischer Ebene verankert werden – durch eine gemeinsame Europäische Exzellenzstrategie. 

ER

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