Gespräche laufen: Beitragssatzsteigerungen sollen vermieden werden

Würzburg – Ziel der Bundesregierung ist es weiterhin, Beitragssatzsteigerungen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu vermeiden. Das hat der Fraktionsvorsitzende der Union, Jens Spahn, nach einer zweitägigen Klausurtagung der Geschäftsführenden Vorstände in Würzburg betont. Die Koalitionspartner wollten dort die gemeinsamen Linien für die nächsten Monate festlegen.
„Wir streben an, Beitragssatzerhöhungen zu vermeiden“, betonte Spahn. Es mache „wenig Sinn“ einerseits beim Gas oder Strom zu entlasten und andererseits wieder zu belasten. „Um das konkret ausgestalten zu können, es muss sich auch im Haushalt abbilden, finden dieser Tage bis Ende nächster Woche Gespräche statt“, sagte der CDU-Politiker.
SPD-Fraktionschef Mattias Miersch betonte, man befinde sich in den Haushaltsberatungen für das Jahr 2025. Da würden die Beitragssatzsteigerungen thematisiert. „Ich habe den Eindruck, dass wir da in guten Gesprächen sind, die dazu führen, dass dieser Aspekt berücksichtigt wird.“
Spahn verwies auch auf die Reformkommissionen, die zügig arbeiten sollten. Er erwartet aber „keine leichten Debatten“. Dennoch hält er Reformen für dringend notwendig. „Die aktuelle Beitragsbelastung ist bei 42,5 Prozent. Das ist eine Höchstbelastung in den letzten Jahrzehnten“, erklärte er. Diese Lücke werde immer größer, das spürten viele Menschen und es mache auch einen Unterschied für die Frage, ob Leistung sich lohne oder nicht.
In einem Beschlusspapier heißt es, man bringe „Deutschland auf Wachstumskurs“. Wichtig seien verlässliche Rahmenbedingungen, besonders wettbewerbsfähige Energiepreise, weniger Bürokratie und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren.
„Leistung muss sich wieder lohnen“, heißt es. Daher solle Schwarzarbeit und Steuerbetrug konsequent bekämpft und die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur gesenkt werden.
Es werde zusätzliche finanzielle Anreize für freiwilliges längeres Arbeiten geben. „Wir ermöglichen denjenigen, die über das Renteneintrittsalter hinaus freiwillig weiterarbeiten wollen, durch eine Aktivrente bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei zur Rente hinzuzuverdienen.“ Zu Gesundheit und Pflege finden sich keine Aussagen im Beschlusspapier.
In dem vom Kabinett beschlossenen Haushaltsentwürfen für 2025 und 2026 sind bereits Finanzspritzen für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die Pflegeversicherung vorgesehen, aber nur als Darlehen. Das Bundesgesundheitsministerium hatte bemängelt, dass dies nicht ausreiche. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) wollte in den parlamentarischen Beratungen auf Nachbesserungen drängen.
Der GKV-Spitzenverband begrüßte die Äußerungen von Spahn. „Das wäre ein starkes und wichtiges Signal, wenn die Koalition für stabile Beiträge ab dem 1. Januar 2026 sorgen würde“, sagte ein GKV-Sprecher. Allein im laufenden Jahre habe es bereits 20 Erhöhungen von Zusatzbeiträgen gegeben. So könne es nicht weitergehen.
Arbeitgeber machen Druck
In der Debatte um Reformen des Sozialstaats hatte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, heute auf schnelle Entscheidungen gepocht und einen Mangel an politischer Führung beklagt.
„Jetzt muss der Herbst der Reformen kommen – und nicht nur ein Herbst der Kommissionen“, sagte Kampeter dem Nachrichtenportal Web.de News. Der Sozialstaat müsse treffsicherer werden. „Wenn die Bundesregierung das nicht schafft, wird der Populismus von rechts und links noch höhere Zustimmung erhalten“, warnte Kampeter.
Mit Blick auf die von der Bundesregierung eingesetzten Kommissionen, die Vorschläge für grundlegende Reformen bei Renten- und Krankenversicherung, Pflege und Arbeitsmarkt machen sollen, sagte der BDA-Chef, die Kommissionen könnten hilfreich sein, wenn sie neue Erkenntnisse bringen. „Sie sind aber sinnlos, wenn sie nur der Verzögerung von Reformen dienen.“
In diesem Zusammenhang kritisierte er Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD): Sie habe angekündigt, dass die Rentenkommission erst in der nächsten Wahlperiode zu Gesetzesänderungen führen wird. „Es geht ihr offensichtlich nicht um Reformen, sondern um Verzögerung. Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben einen Mangel an politischer Führung“, sagte Kampeter.
Der Arbeitgebervertreter forderte die Bundesregierung zudem auf, bessere Bedingungen für Arbeit zu schaffen: „Wir brauchen mehr Bock auf Arbeit“, sagte er. Dabei gehe es aber nicht um eine Debatte um Faulheit. „Wenn jemand in Teilzeit beschäftigt ist, liegt das Problem oft bei der Politik – weil etwa Betreuungsangebote für Kinder fehlen“, sagte Kampeter.
Niedrigere Sozialversicherungsbeiträge würden sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zugute kommen, sagte Kampeter: „Steigen die Sozialversicherungsbeiträge, ist das für die Beschäftigten ein Nettoklau – und für die Betriebe wird Arbeit teurer.“ Hier würden Arbeitgeber und Arbeitnehmer „in einem Boot“ sitzen.
Union und SPD haben sich Reformen der Sozialversicherungssysteme vorgenommen – etwa bei Bürgergeld, Rente und Krankenversicherungen. Hintergrund sind steigende Kosten und die Sparzwänge im Bundeshaushalt.
Konkrete Vorschläge werden zum Teil in Fachkommissionen ausgearbeitet, im Herbst sollen erste Weichen gestellt werden. Allerdings liegen die Positionen der Parteien noch weit auseinander – so sieht die SPD Kürzungen bei den Sozialleistungen kritisch.
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