Gesundheitsausschuss: Uneinigkeit bei Zahl der Selbsttests

Berlin – Im Ausschuss für Gesundheit im Bundestag ist heute kontrovers über den Einsatz von Selbst- und Schnelltests bei der Pandemiebekämpfung diskutiert worden. Auf einen Antrag der Grünen sowie der FDP-Bundestagsfraktion, der an das „Gesetz zur Änderung des Medizinprodukterechts“ angehängt werden soll, befragten auch die anderen Bundestagsfraktionen die geladenen Expertinnen und Experten zu diesem Thema.
So erklärte Ulrike Protzer, Direktorin für Virologie an der TU München, dass ein zufälliger Selbsttests einmal pro Woche in der Pandemiebekämpfung nicht sinnvoll sei. Vielmehr müsse es eine Differenzierung in den jeweiligen Settings geben, um Aussagen trefffen zu können, so die Virologin.
Ebenso warnte sie vor dem möglichen Sicherheitsgefühl bei einem negativen Test, da die Sensivität der Selbst- und Schnelltests nicht so hoch seien wie bei PCR-Tests. Daher müsse es eine umfangreiche Kommunikation über die Wirksamkeit und die Genauigkeit der Tests geben.
Gerade bei den Tests in Schulen mit Schülern benötige es gute Konzepte – so warnte sie vor „gemeinsamen Niesen und Schneuzen“ und forderte abgeschlossene Abfallbehälter in den Klassenräumen, damit mögliche Viren sich von Taschentüchern oder Testskids nicht verbreiten.
Diese Bedenken hat Claudia Denkinger vom Uniklinikum Heidelberg nicht. Aus der Erfahrung von ihren Forschungen zu Selbsttests „funktionieren die sehr gut“. Ihre Studie in Heidelberg habe bei den Selbsttests von Laien sowie von den Schnelltests von medizischem personal hohe Raten bei den Sensitivität gezeigt.
Diese Ergebnisse seien gerade durch eine niederländische Studie bestätigt worden. So lange die Selbsttest benutzerfreundlich und eine hohe Genauigkeit aufweisen würden, könnten diese auch gut von Laien verwendet werden.
Allerdings rät Denkinger von den derzeit auf dem Markt befindlichen Gurgel- und Spuktets ab. „Diese kann ich nicht empfehlen“, so Denkinger im Gesundheitsausschuss. Um die Bevölkerung bei den Selbsttests aufzuklären forderte sie eine breite Aufklärungskampage ebenso wie eine kindgerechte Aufklärung bei der Handhabung der Tests.
Sie müssten möglichst niedrigschwellig zur Verfügung stehen. „Es darf nicht zur Überlegung kommen, dass man keinen Tests macht, weil der Weg zu einem Zentrum zu weit sei.“ Auch sogenannte „Türöffner-Tests“ beim Besuch in Pflegeheimen machten in der Pandemiebekämpfung sehr viel Sinn.
Auch Ansgar Gerhardus von der Uni Bremen forderte mehr Kommunikation und wissenschaftliche Planung der Selbst- und Schnellteststrategie. So bringen die Tests bei asymptomatischen Personen gewisse Freiheitsgrade für den privaten Bereich mit, aber der Effekt zur Pandemiebekämpfung sei in dem Setting „unterhalb der Nachweisgrenze“.
Außerdem sei es mit den Selbsttests wie bei anderen Präventionsprogrammen: Die Menschen, die schon vorsichtig agierten, ließen sich eher testen als diejenigen, die beispielsweise das Maskentragen ablehnten. Noch gebe es keine allgemeinen Screeningprogramme beim Testen – aber auch Gerhardus erklärte, dass ein Test pro Woche für alle Bürger zur Kontrolle nicht ausreiche.
Es müsse vielmehr geklärt aber auch erklärt werden, in welchen Konstellationen diese Tests sinnvoll seien. Er forderte auch die mehrsprachige Kommunikation für die Nutzer ein, damit diese wissen, wie sie bei positiven Tests verhalten sollen. Auch müsse erklärt werden, dass die üblichen AHA-Regeln trotz Testung weiter gelten. „Schnelltests müssen daher ein Teil des Gesamtkonzeptes werden.“
Mehr Aufklärung für die Bevölkerung über die Tests und die Anwendungsmöglichkeiten forderte auch Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer. Zwar könnten sich Menschen bereits intensiv informieren. Besonders die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufkärung (BzGA) sollte zusätzlich eine großflächige Aufklärungskampagne starten.
Bernhard Eggerer, Leiter der Abteilung Medizin beim GKV-Spitzenverband, erinnerte daran, dass es bisher beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nur 15 Selbsttest mit Sonderzulassung für Deutschland gebe, eine EU-weite Zetrifizierung für diese Tests noch fehlten. Er appellierte, dass das BfArM mehr Informationen zu den Tests auf ihrer Webseite angeben müsse.
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