Gesundheitsminister in Baden-Württemberg mit Rücktrittsforderungen konfrontiert

Stuttgart – FDP und SPD wollen im Landtag von Baden-Württemberg die Entlassung von Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) durchsetzen. Die beiden Fraktionen wollen heute einen entsprechenden Antrag beschließen.
Der Landtag soll demnach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auffordern, seinen Gesundheitsminister wegen „eklatanter Fehlleistungen“ in der Pandemiepolitik zu entlassen. In dem Antrag, der übermorgen im Plenum behandelt werden soll, werden Lucha diverse Verfehlungen angekreidet.
Vorgeworfen wird ihm, beim Schutz der Alten- und Pflegebedürftigen in der zweiten Welle der Pandemie versagt zu haben, etwa indem er zu spät eine Testpflicht in den Einrichtungen umgesetzt habe. Der Minister habe zudem die Öffentlichkeit über die Todeszahlen in Alten- und Pflegeheimen falsch informiert und Zustände dort beschönigt. Er habe bislang auch keine erfolgreiche Boosterkampagne für Alten- und Pflegeheime auf den Weg gebracht.
Auch für die Anschaffung mangelhafter Schutzmasken macht die Opposition Lucha verantwortlich. Anfang Februar 2021 hätten rund 3,5 Millionen mangelhafte Masken zurückgerufen werden müssen, da sie nicht der EU-Schutznorm entsprachen, heißt es im Antrag. Ende Februar 2021 mussten weitere vier Millionen Masken zurückgerufen werden.
Der Gesundheitsminister hat aus Sicht von SPD und FDP auch die Organisation der Impfungen vermasselt. Der landesweite Impfstart im Dezember 2020 sei etwa durch „eine chaotische Terminvergabe, besetzte Hotlines und kurzfristig abgesagte Termine wegen ausbleibender Impfstofflieferungen“ gekennzeichnet gewesen. Impfzentren seien zudem zu früh geschlossen worden.
Außerdem wird Lucha verantwortlich gemacht für eine mangelhafte Teststrategie in Schulen und Kitas, eine schlechte Kommunikation und rechtliche Fehler in den Coronaverordnungen. „Sozialminister Lucha hat in den letzten beiden Jahren wiederholt bewiesen, dass er mit der Bekämpfung der Coronapandemie überfordert ist“, heißt es in dem Papier. Luchas Fehler seien weitreichend und schwerwiegend.
„Mit seiner Unzuverlässigkeit und seiner Inkompetenz verursacht Minister Lucha einen Vertrauensverlust in die Politik insgesamt“, sagte FDP-Fraktionschef Rülke. Lucha habe die schlechten Impfquoten im Land mit seinem „unsäglichen Impfmanagement“ zu verantworten, betonte SPD-Fraktions- und Parteichef Stoch. Er habe die Verletzlichsten in den Heimen unzureichend geschützt und in der Bevölkerung, bei den Kommunen und in den Kliniken während der Coronakrise zu viel Vertrauen verspielt.
SPD und FDP stören sich aber vor allem am Vorstoß Luchas zum Ende der pandemischen Coronalage. Lucha hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor kurzem in einem Brief aufgefordert, Ende April den Wechsel von der pandemischen in die endemische Phase einzuläuten. Nachdem sich Ministerpräsident Kretschmann von Lucha distanziert hatte, ruderte der Minister zurück.
SPD und FDP hatten daraufhin Luchas Rückzug verlangt. Stoch und Rülke hatten zum Thema eine Sondersitzung des Parlaments beantragt, das hatte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) aber abgelehnt.
Im Unterschied zum Bundestag kann der Landtag laut Landesverfassung auch für die Entlassung von Mitgliedern der Regierung sorgen. Wenn es zwei Drittel der Abgeordneten so wollen, muss sich der Ministerpräsident von einem Regierungsmitglied trennen. SPD und FDP fehlen für diese Mehrheit aber einige Mandate.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hielte heute weiter an seinem Gesundheitsminister fest. „Ich werde ihn nicht entlassen, ich wüsste gar nicht warum“, sagte der Regierungschef in Stuttgart.
Kretschmann sagte, man entlasse einen Minister bei persönlichem schweren Fehlverhalten und wenn er schweren Schaden angerichtet habe, das sei alles nicht der Fall. Lucha habe Fehler kommunikativer Art gemacht, daraus sei aber nichts gefolgt. Lucha habe einen „guten Job“ gemacht. Baden-Württemberg sei besser durch die Krise gekommen als andere Länder. „Ich werde diesem Entlassungsantrag nicht nachkommen.“
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