Politik

GKV-Spitzenverband: Verabschiedung von Pfeiffer, „Ende einer Ära“

  • Mittwoch, 25. Juni 2025
Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes (links) und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) /GKV-Spitzenverband, Fotograf Tom Maelsa
Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes (links) und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) /GKV-Spitzenverband, Fotograf Tom Maelsa

Berlin – „Das Ende einer Ära“ ist ein Satz, der nicht für viele Menschen im Gesundheitswesen gilt, wenn sie in den Ruhestand gehen – aber für Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, kann er definitiv gebraucht werden: Nach nun 18 Jahren an der Spitze des Verbandes und damit drei Amtsperioden, wird sie am 30. Juni in den Ruhestand gehen.

Mit ihrer Person ist der Aufbau des Verbandes, den die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) forcierte, verbunden sowie viele gesundheitspolitische Debatten. Mit einer Feierstunde wurde Pfeiffer gestern in Berlin verabschiedet.

Das Publikum, gespickt mit sehr vielen Vorständinnen und Vorständen der Krankenkassen sowie weiterer Akteure aus dem Gesundheitswesen, konnten den deutlichen Respekt aller Rednerinnen und Redner vor ihrer Amtsführung hören.

„Es gibt keine Person, die das Wirken des Verbandes so sehr geprägt hat, wie Sie, liebe Frau Pfeiffer", sagte beispielsweise Stefanie Stoff-Ahnis, seit 2019 Vorständin des GKV-Spitzenverbandes. Im vergangenen Jahr führte sie mit Pfeiffer den Verband gemeinsam, da ein Dreivierteljahr der dritte Vorstandsposten vakant blieb.

Uwe Klemens, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes, betont das „starke Fundament“ auf den sie den Verband gesetzt hatte – dazu gehörte auch der Umzug vieler Menschen aus dem Rheinland nach Berlin.

In ihrer „sachlichen und unabhängigen Art“, habe sie in ihrer Amtszeit mit dem Team rund 170 Gesetze bearbeitet, die die gesetzliche Krankenversicherung sowie die Pflegeversicherung betrafen und aus dem Bundesgesundheitsministerium kamen. „Und dazu zählen noch nicht die zahlreichen Vorhaben, die aus anderen Ministerien kamen, aber uns auch beschäftigten.“

In dieser langen Zeit, „in der es für Frauen nicht normal war, solch eine Position zu bekommen“, wie Stoff-Ahnis betonte, hatte Pfeiffer nun sieben Gesundheitsministerinnen und -Minister erlebt: Ulla Schmidt (SPD, von 2001 bis 2009), die den Verband per Gesetz ins Leben rief, war die erste. Damals war das Vorhaben der Verbandsgründung, die auch bei der Verabschiedung von dem damals zuständigen Franz Knieps schon erzählt wurde, heftig von den Krankenkassen kritisiert worden.

Unter den Ministern Rössler (FDP, von 2009 bis 2011) wurde das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) beschlossen, das später Daniel Bahr (FDP, von 2011 bis 2013) fortführte. Durch das AMNOG hat der Verband deutlich mehr Aufgaben bekommen.

Die Fokussierung von Bahr und Hermann Gröhe (CDU, Minister von 2013 bis 2918) auf die Pflege sowie das Unterlassen von Strukturreformen habe dem Gesundheitswesen nicht immer gut getan, befanden mehrere Redner. Unter den Ministern Jens Spahn (CDU, von 2019 bis 2021) und Karl Lauterbach (SPD, von 2021 bis 2025) fielen die Anstrengungen der Bewältigung der Coronapandemie.

Außerdem gab es von beiden immer wieder Versuche, die Kompetenzen der Selbstverwaltung zu beschneiden, beispielsweise bei der Erstattung der Liposuktion (Spahn) oder auch beim Gesundes-Herz-Gesetz von Lauterbach.

Spahn habe auch versucht, den Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes abzuschaffen, monierte Klemens. Den Widerstand gegen diese Ansinnen hob Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), in seiner Festrede deutlich heraus. „Dass sich jemand hinstellt und dem Minister bei einem Sommerfest deutlich erklärt ‚Du bist übergriffig‘, das ist eine klare Haltung.“

Apropos GKV-Sommerfest: Dort war in diesem Jahr die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zu Gast: Die fand in ihrer Rede, die sie gestern hielt, diese Worte: „Sie waren 18 Jahre die prägende Stimme der GKV und Ihnen war es immer wichtig, sachlich und deutlich zu sein.“

In der Festrede am Nachmittag teilte G-BA-Vorsitzende Hecken als Festredner in gewohnter Manier aus. Besonders die Diskussion über den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA), bei dem die Krankenkassenarten sowie auch die Krankenkassen selbst deutlich unterschiedliche Positionen hätten, sei für eine Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes sicherlich schwierig.

„Ich stelle mir das gerne als Familienfest vor, das nach einer Stunde etwas ungemütlich wird.“ Grundsätzlich gibt der GKV-Spitzenverband zu diesem Thema wegen der Uneinigkeit unter den 96 Mitgliedern keine Stellungnahmen ab.

„Wenn das Familientreffen dann noch länger weiter geht, stellt sich vielleicht der GKV-Vorsitzende irgendwann die Frage: Ach, dann gehe ich vielleicht doch lieber zur DKG“. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat 19 Mitglieder – dort soll oft auch über die unterschiedlichen Positionen der verschiedenen Mitgliedsverbände gerungen werden.

Viel Sitzfleisch und Ruhe benötige man auch für all die Gremien, in denen Pfeiffer qua Amt mit dabei war: Neben dem Plenum des G-BA sind dies auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), der Innovationsfonds beim G-BA, das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) sowie die Gematik.

Vor allem bei letzteren brauchte man aus seiner Sicht in den vergangenen Jahren sicherlich oft nach „jeder zweiten Sitzung einen Tranquilizer, jedenfalls hätte ich mich das gefragt“, resümiert Hecken. Vor ihrer Leistung in ihrem gesamten Berufsleben habe er „ganz persönlich höchsten Respekt.“

Auch zu aktuellen Themen äußerte sich Hecken deutlich: Vom vorliegenden Plan der Regierung, für die Stabilisierung der Finanzen von GKV und Pflegeversicherung nun ein Darlehen über zwei Jahre zu geben, hält er gar nichts.

„Im Bundeshaushalt steht dann, dass der Steuerzahler nicht dafür da ist, die Kranken- oder Pflegeversicherung zu sanieren. Richtig. Aber dann bitte liebe Politik: Ihr könnt nicht Jahrzehntelang die Krankenkassen und die Pflegekassen plündern.“

Für den GKV-Spitzenverband, der in diesem Jahr 18 Jahre alt wird, beginnt nun eine neue Zeit. „Sie haben den Verband in mütterlicher Selbstlosigkeit groß gezogen“, erklärte Stoff-Ahnis. „Jetzt ist der Verband erwachsen und kann in die Volljährigkeit entlassen werden“, sagte sie weiter.

Ab dem 1. Juli wird Oliver Blatt den Vorsitz übernehmen, diese Wahl fand bereits vor einem Jahr statt. Pfeiffer wünschte ihren Nachfolgern, dass sie die Grundsätze der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung weiter vertiefen, verbessern und erhalten. Daran müsse sich auch die neue Ministerin messen lassen, so Pfeiffer auf ihrem letzten Sommerfest als Vorstandsvorsitzende.

bee

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