Grundschullehrer und Kitapersonal: Bund und Länder einig über schnellere Impfungen

Berlin – Die Gesundheitsminister der Länder haben sich gestern mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) darauf verständigt, dass Grundschullehrer und Erzieher für Impfungen gegen SARS-CoV-2 vorgezogen werden. Der Deutsche Ethikrat ist skeptisch.
Die Lehrkräfte sowie die Kitabeschäftigten sollen nun in der Impfverordnung in Prioritätsgruppe zwei statt in Gruppe drei eingestuft werden. Sie sollen mit dem Vakzin von Astrazeneca geimpft werden.
Einige Länder beginnen bereits mit der Terminvergabe für die Impfungen. In bayerischen Schulen und Kindergärten sollen sich etwa rund 200.000 Beschäftigte so schnell wie möglich gegen das Coronavirus impfen lassen können, hieß es aus Bayern.
„Die Bundesländer haben sich ohne Gegenstimmen für diese neue Regelung ausgesprochen“, erklärte der bayerische Ressortchef Holetschek gestern Abend. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe zugesichert, die Änderung im Schnellverfahren möglichst bis Mitte dieser Woche schon in die Coronaimpfverordnung aufzunehmen.
In Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen sowie in Schulen komme es zu zahlreichen Kontakten von Menschen aus unterschiedlichen Haushalten, hieß es zur Begründung.
Die Vorsitzende des Ethikrats, Alena Buyx, sieht die Änderungen kritisch. Sie betrachte die Entscheidung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern mit „sehr gemischten Gefühlen“, sagte Buyx heute im Deutschlandfunk.
Sie könne zwar die politische Motivation nachvollziehen, auch wisse sie, dass Schulen und Kitas ein „essenzieller Bereich der Gesellschaft“ seien. „Ich muss aber auch gestehen: Ich hätte mir gewünscht, dass man eine erhöhte Sicherheit dort erreicht hätte, beispielsweise über Tests.“
Mit der Entscheidung der Gesundheitsminister werde ein Stück weit die Systematik der bisherigen Priorisierungen aufgegeben – nämlich „dass diejenigen, die besonders hohe Risiken haben, schwer zu erkranken oder zu versterben, oder die sich solchen Risiken im Beruf besonders aussetzen, bevorzugt werden“.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) habe in ihren Empfehlungen zur Priorisierung „ganz klar“ befunden, dass es die Datenlage nicht hergebe, Lehr- und Kitakräfte in Gruppe zwei einzuordnen, sagte Buyx. Diese Gruppe sei eigentlich für Bürger mit ganz besonderem Schutzbedarf reserviert.
„Da reden wir tatsächlich ja von Patientinnen und Patienten, die aktiv in der Chemotherapie sind, oder von Menschen, die in Arztpraxen arbeiten“, so Buyx. Das nun auch Lehr- und Kitakräfte dort eingruppiert werden sollen, „macht mir Bauchschmerzen“.
Zudem sei die Verteilung der Vakzine angesichts der knappen Impfmengen derzeit sowieso schon ein Problem. Zwar gebe es keinen „harschen Verteilungskonflikt“, und in der nächsten Zeit rechne man mit viel mehr Impfdosen. Aber klar sei derzeit auch: „Wenn Sie einer Gruppe bevorzugt etwas geben, dann fehlt es eben tatsächlich irgendwo anders“, erklärte die Ethikratsvorsitzende. So werde der Impfprozess im Gesamten verlangsamt.
Der Deutsche Lehrerverband bezeichnete die Entscheidung hingegen als überfällig. Bei der bisherigen Einordnung von Lehrern in die erst dritte Gruppe der Impfkandidaten wäre diese Berufsgruppe erst ab Mai geimpft worden – „viel zu spät für das aktuelle Schuljahr“, sagte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger der Bild.
Meidinger merkte dazu an, wünschenswert wäre es allerdings gewesen, wenn die Schulen erst geöffnet worden wären, nachdem ein Großteil der Lehrer bereits geimpft worden wäre. Gestern hatte die Rückkehr weiterer Kinder in die Schulen in zehn Bundesländern begonnen.
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