IQWiG sieht Vorteile von Garadacimab bei hereditärem Angioödem

Köln – Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren mit einem hereditären Angioödem können von einer Therapie mit dem monoklonalen Antikörper Garadacimab profitieren. Zu diesem Fazit kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einer Nutzenbewertung.
„Es gibt – erstmals in einer Nutzenbewertung zu dieser chronischen Erkrankung – einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen, und zwar gegenüber Berotralstat, einer der drei Optionen der zweckmäßigen Vergleichstherapie“, hieß es aus dem IQWiG.
Das hereditäre Angioödem ist eine seltene Erbkrankheit, deren Symptome sich meist schon in der Kindheit oder Jugend zeigen: Immer wieder schwellen die Haut oder die Schleimhäute an, weil es durch einen Gendefekt an einem Hemmstoff für ein Enzym mangelt.
Dieser verhindert bei Gesunden eine übermäßige Durchlässigkeit der Blutgefäße. So tritt zu viel Flüssigkeit aus den Gefäßen in das Gewebe über. Insbesondere in den Atemwegen kann die resultierende Schwellung lebensbedrohlich sein. Angioödeme in der Schleimhaut des Verdauungstrakts gehen mit starken Schmerzen und Verdauungsstörungen einher.
Neben einer Akuttherapie, die eine Attacke so schnell wie möglich beheben soll, kommt für Betroffene mit häufigen Attacken eine Langzeitprophylaxe infrage. Dafür können Konzentrate des fehlenden Hemmstoffs in die Blutbahn gespritzt werden. Zudem gibt es prophylaktisch subkutan oder oral zu verabreichende Wirkstoffe, die verhindern sollen, dass zu viel Flüssigkeit ins Gewebe eindringt.
Dennoch hat der Hersteller in seiner randomisierten kontrollierten Studie Garadacimab mit Placebo verglichen. „Warum in diesem Anwendungsgebiet immer noch placebokontrollierte Studien durchgeführt werden, können wir nicht nachvollziehen. Beim hereditären Angioödem gibt es seit langer Zeit etablierte Therapieoptionen – gleich mehrere“, sagte Philip Kranz, der im IQWiG-Ressort Arzneimittelbewertung den Bereich Hämatoonkologie und Infektiologie leitet.
Mithilfe der Daten aus zwei weiteren Studien hat der Hersteller einen indirekten Vergleich gegenüber einer Therapie mit Berotralstat vorgelegt, wobei Placebo als sogenannter Brückenkomparator dient. Methodisch ist dies laut der IQWiG-Arbeitsgruppe möglich.
Die Zahl der monatlichen Attacken geht danach unter Garadacimab stark zurück. Manche Studienteilnehmer hatten im Beobachtungszeitraum keine Attacken. Auch bei patientenberichteten Endpunkten zeigen sich kleinere Vorteile. „In der Gesamtschau gibt es einen Anhaltspunkt für beträchtlichen Zusatznutzen“, hieß es aus dem IQWiG.
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